Unterscheiden sich Christen von Nichtchristen durch den Kirchenbesuch, das Zahlen der Kirchensteuer oder die Mitgliedschaft in einer Gemeinde? Albert Schweitzer hat dazu launig bemerkt: „Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich – man wird auch kein Auto, wenn man in einer Garage steht.“
Welches also sind Merkmale von Christen, bzw. von Gläubigen? Muss man getauft sein oder konfirmiert? Sind Katholiken die wahren Christen oder Baptisten? Wer legt das eigentlich fest? Das kann doch nur Gott sein!

Und vor Gott zählt dieses alles nicht! Bei Gott gibt es nur einen Maßstab: die Berufung, „denn welche Er vorher ausersieht, diese beruft Er auch, welche Er beruft, diese rechtfertigt Er auch, welche Er aber rechtfertigt, diese verherrlicht Er auch“ (Rö. 8,30). Gott wählt aus, wer bereits hier zum Glauben kommt (Eph. 1,4) und somit zur Rettung vorgezogen wird (2.Thess.2,13). Nicht alle aber, die Er beruft, können diese Berufung auch ausleben, nicht umsonst ermahnt der Apostel Paulus: „Ringe den köstlichen Ringkampf des Glaubens. Ergreife das äonische Leben, zu dem du berufen wurdest!“ (1.Tim. 6,12). Es gibt also Berufene, die in diesem Kampf noch unterlegen sind und daher von Außenstehenden nicht als Christen erkannt werden können – Gott teilt schließlich jedem Berufenen ein unterschiedliches Maß des Glaubens zu (Rö. 12,3).
Nicht jedes Mitglied einer Kirche wird also ein von Gott berufener Christ sein. Die wahre „Kirche“ ist auch keine sichtbare Institution, sondern sie ist „unsichtbar“ (Begriff von John Wyclif, 1330-1384); sie umfasst alle jemals von Gott erwählten Menschen, die nur zum Teil Mitglieder in religiösen Organisationen sind. Diese Menschen bilden die Ekklesia, die herausgerufene Gemeinde Christi (leider oft nur mit „Kirche“ übersetzt, z.B. Eph. 1,22) oder bildlich den Körper Christi als seine Glieder (Rö. 12,5, 1.Kor.12,12-27).

Nur Gott weiß also, wer berufen ist. Kein Mensch kann einem anderen diese Berufung absprechen oder garantieren. Jan Hus, ein Prager Prediger und Universitätsdozent, verbreitete diese biblischen Aussagen in der Tradition des John Wyclif und stellte damit die Daseinsberechtigung aufwendiger Kirchenorganisationen in Frage. Hinzu kam der Sittenverfall und die Geldgier der Kirche dieser Zeit, worauf Wycliff wie auch Hus hinwiesen. Dies erregte freilich den Unwillen der katholischen Kirche und führte schließlich dazu, dass Hus am 6. Juli 1415 auf dem Scheiterhaufen ermordet wurde. Gerade aber durch diesen Märtyrertod wurde Jan Hus Wegbereiter eines Christseins außerhalb von Kirchenstrukturen, wie es dann beispielsweise von den Täufern und später Pietisten praktiziert wurde. Bei diesem „Priestertum aller Gläubigen“ werden außer Christus (1.Tim.2,5) andere Mittler (wie Priester und Pastoren) zwischen Gott und Mensch abgelehnt. Diese Christen treffen sich in kleinen Gruppen, sog. Hauskreisen oder Konventikeln, in denen gemeinsam, gleichberechtigt und bewusst frei von traditionellen Lehrmeinungen in der Bibel studiert wird und wo man sich beim Umsetzen dessen im Alltag gegenseitig unterstützt. Das bedeutet aber nicht, dass Kirchengebäude überflüssig wären, denn sie sind oft unübersehbare Hinweise auf Gott und Frömmigkeit in einer zunehmend säkularisierten Welt.

Die Kirchenmitgliedschaft hat aber wenig Aussagekraft, wenn es darum geht, sichere Merkmale für Christen zu finden, die Christus wirklich nachfolgen wollen. Ausreichend ist auch nicht, wenn die Bibel teilweise oder insgesamt für wahr gehalten wird. Auch das Verhalten ist (leider) nicht immer ein sicheres Zeichen für ein ausgelebtes Christsein. Ein wesentliche Unterschied ist: Christen befinden sich…

In der Denkschule Gottes

Ein leicht abgewandelter Spruch aus dem Talmund lautet:

Achte auf Deine Einflüsse,
denn sie werden zu Gedanken.

Achte auf Deine Gedanken,
denn sie werden Handlungen.

Achte auf Deine Handlungen,
denn sie werden Gewohnheiten.

Achte auf Deine Gewohnheiten,
denn sie werden Dein Charakter.

Diese logische Kette verdeutlicht: Richtiges Denken führt zu richtigem Handeln. Mit richtigem Denken ist hier keine verwinkelte, akademisch trainierte Denkleistung gemeint, sondern die Motivation: Was bewegt mich? Was treibt mich an? Es geht also um die Herzenshaltung, die Einstellung meinen Mitmenschen und den Dingen gegenüber.
Denn wenn zwei dasselbe machen, hat vorher noch längst nicht das gleiche Denken dazu geführt. Gesetze bzw. Gebote und Verbote zielen dagegen ausschließlich auf das Handeln. Das Denken vorher, die Motivation, sich an das Gesetz zu halten, steht dabei im Hintergrund.
Zum Beispiel das Tempo-30-Schild an der Schule: Ob ich das Verbot, schneller zu fahren einsehe und auch freiwillig 30 fahren würde, um Kinder nicht zu gefährden (was Sinn des Verbots war) oder mich mit zusammengeballter Faust an ein Gesetz halte, um meinen Führerschein zu behalten, ist für niemanden ersichtlich.

Gesetzestreue sagt also noch nichts über die Einstellung dem Gesetz oder dem Gesetzgeber gegenüber aus. Gesetzestreue zeugt noch längst nicht vom richtigen Denken. Daher gilt eins:

Gott will unser Denken!

Den Pharisäern war das Halten der Gesetze bekanntermaßen sehr wichtig – und zwar aller Gesetze. Dazu gibt es von ihnen detaillierte Anweisungen, wann ein Gesetz als gehalten gilt. Im Judentum ist das immer noch der Fall. Beispielsweise darf ein Jude am Sabbat keine Elektromotoren betätigen, also hält der Fahrstuhl von selbst in jedem Stock.
In Matthäus 22 fragten diese Pharisäer nun, welches denn das größte Gebot im Gesetz sei. Möglicherweise war dies eine Fangfrage, denn ihrer Meinung nach hält ein guter Mensch alle Gesetze, mithin sind alle gleich wichtig.
Darauf antwortet Jesus für die Pharisäer völlig unerwartet und sehr praxisnah:

„Lieben sollst du den Herrn, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Denkart“ (Mt. 22, 37).

Hier sagt Jesus also, dass es im Leben eines Christen keinesfalls in erster Linie darum geht, Gesetze und Regeln zu halten, sondern darum, das Denken auf Gott hin auszurichten. Ihn zu lieben mit allem, was einen Menschen ausmacht, mit allen Fasern des Lebens, allem Sinnen und Denken.

In Matthäus 22,39 heißt es dann weiter: „Das zweite Gebot aber ist ihm gleich: Lieben sollst du deinen Nächsten wie dich selbst!“ Oder in Kolosser 2,20: „Wenn ihr nun zusammen mit Christus den Grundregeln der Welt gegenüber gestorben seid, was stellt ihr euch wie in der Welt Lebende unter Erlasse: Rühre das nicht an! Koste das nicht! Taste das nicht an!“
Wenn wir Gott lieben und unseren Nächsten, ergibt sich dadurch richtiges Verhalten. Das steht über allem. Gott will keine Befolger von Gesetzen, sondern das Denken vorher. Denken kann hier auch definiert werden mit Wissen, das verarbeitet worden ist, also zu neuen Einsichten und damit zu Veränderungen geführt hat und so Bestandteil unseres Charakters geworden ist.

Beten und Denken

Beten ohne zu denken, ist folglich ebenfalls fruchtlos: 1.Kor. 14,14 sagt aus: „Denn wenn ich in Zungenrede bete, so betet ja nur mein Geist, mein Denksinn jedoch bleibt ohne Frucht.“
Beim Zungenreden betet nur der Geist, der Verstand bleibt ausgeschaltet. Es sollten lieber 5 Worte überlegt gesprochen werden, als 10.000 Worte in Zungen (V. 19), also besteht hier eine Relation von 1:2.000. Das heißt, dass auch das Beten keine kontemplative oder meditative Übung ist, sondern Kommunikation mit dem Gott und Vater, die wie jede andere Kommunikation auch das Denken erfordert. Hier zeigt sich auch, dass Gott auch beim Beten nicht erhebendes Gefühl, sondern das Denken anregen will.
Beten soll auch nicht zum Nachplappern leerer Formeln werden, über die niemand mehr nachdenkt, zu dem das „Vater-unser“ in vielen Gemeinden verkommen ist.

Glaube ist auch Mitdenken

Heb. 11,3 „Durch Glauben begreifen wir, dass die Äonen durch einen Ausspruch Gottes zubereitet wurden, so dass das, was man erblickt, nicht aus etwas offenbar Gewesenem geworden ist.“
Hier steht, dass man „durch Glauben begreifen“ kann, im Grundtext heißt es genau, dass man durch „Glauben denken kann“.

Glaube ist demnach eine Denkhaltung. Biblischer Glaube ist ein Denkprozess! Glaube ist kein Gefühl!

Der Begriff „Mitdenken“ kommt zwar in den meisten Bibeln nicht vor. Er ist aber grundtextlich stark verwandt mit „Umsinnen“ oder „Buße tun“. „Umsinnen“ bedeutet wörtlich: „Nachher-Denken“ also „Hinterher-Denken“ oder Mitdenken.
Umzusinnen ist allen Menschen empfohlen. So sagt Paulus in Apg. 26,20: „Verkünde denen in Damaskus und auch in Jerusalem, denen im gesamten Land Judäa und den Nationen, sie sollten umsinnen (mitdenken) und sich zu Gott umwenden…“

Was ist die Voraussetzung dafür? Wenn man bei jemandem mitdenken will, muss man wissen, wo das Denken des anderen überhaupt hingeht. Erst dann kann „nachher-gedacht“ werden, was vorgedacht wurde. Um zu wissen, wie Gott denkt, dass heißt, wie seine Pläne sind, welches Seine Eigenschaften sind, muss sich der Mensch über dieses Denken informieren. Wenn jemand dann erkennt, dass das Denken in eine andere Richtung läuft, macht er eine Kehrtwende, er denkt um, sinnt um. Dann erst ist dieses Wissen, diese Kenntnis zu Erkenntnis und damit zu einem wesensverändernden Denken geworden.

Manchmal mutet Gott dazu auch eine Phase der Trauer und des Schmerzes zu, um dieses Ziel zu erreichen. In 2. Kor. 7,9 freut sich Paulus sogar mit denen, die betrübt waren. Warum das? Lesen wir: „Nun freue ich mich, nicht weil ihr betrübt wurdet, sondern dass ihr zur Umsinnung („Mitdenken“) betrübt wurdet. Denn ihr wurdet nach dem Willen Gottes betrübt, so dass euch in keiner Weise etwas durch uns verwirkt wurde.“
Dieses „Umkehren“ ist kein Eintagserlebnis, wie vielfach behauptet und angenommen wird, also eine Erfahrung an einem bestimmten Tag im Leben eines Menschen, als vielmehr eine wachstümliche Entwicklung des durch das Wort und den Geist Gottes angesprochenen Menschen. Denn es kommt nicht darauf an, dass man an einem bestimmten Tag in der Vergangenheit eine gewisse Erfahrung gemacht hat, sondern darauf, dass man auf Gottes Gedanken eingeht, sich ihnen aufschließt, dass man Sein Denken und daraus folgendes Handeln zu seinem eigenen macht.
Wie aber informiert man sich über das Denken Gottes? Denn man muss doch wissen, was der Vordenker denkt, damit man „nach“-Denken kann!
Indem man lange nachsinnt, meditiert, auf Eingebungen wartet? Nein, Gott gibt nur einen Weg vor:

Durch Lesen zum Nachdenken kommen!

In Epheser 3 schreibt der Apostel Paulus von dem Geheimnis Christi, das ihm enthüllt wurde. Wie kann man davon erfahren? Paulus schreibt dazu in Vers 4: „Beim LESEN könnt ihr mein Verständnis des Christus begreifen“
In dem Grundtextwort von „Begreifen“ steckt wieder der Begriff „Denken“, hier im Sinne von „Bedenken“. Man könnte auch übersetzen: „Beim LESEN könnt ihr mein Verständnis des Christus durchdenken“
Es geht doch um die Frage, wie man zur Übereinstimmung mit Gott gelangen kann. Die Antwort wurde schon angedeutet: Indem man auf Gottes Gedanken eingeht und damit das Gegenteil von dem tun, was Gott in Seinem Urteil über die Menschheit festgestellt hat, nämlich dass keiner da ist, der nach Ihm fragt (Rö. 3,11). Menschen, die nach Gott fragen, bringen sich in Übereinstimmung mit Ihm und versetzen sich in die Lage, seine Gedanken mitdenken zu können.

Nach Gott fragen bedeutet, in der Schrift zu leben, Gottes Wort beständig lesen und hören, und zwar wirklich Gottes Wort, nicht Menschenworte. So wenig Auslegung wie möglich! So gut sie auch sein mögen.
„Denn das Wort Gottes ist lebendig, wirksam und schneidender als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Teilung von Seele und Geist; sowie von Gelenken als auch Mark; es ist Richter der Überlegungen und Gedanken!“ (Heb. 4, 12). Nur durch Sein Wort können wir in die Gesetze und Grundlagen Seines Denkens und Handelns eindringen, damit wir uns daran orientieren können. Nach Gott fragen heißt, den Gott der Heilsgeschichte zu ergründen suchen, Ihn, der die Geschichte der Welt lenkt nach dem Ratschluss Seines Willens. Nach Gott fragen heißt auch, Ihn als den Schöpfer, Versöhner und Vollender dieser Welt zu sehen, der Sich ein herrliches Ziel vorgesetzt hat und dieses Ziel auch erreichen wird. Es heißt aber auch, dass man Vertrauen zu ihm lernt, dass alles, was im Leben passiert, von Gott gewollt war und einen Sinn hat. Wer Gottes Handeln kennen lernt, kann das Kleinklein des Alltags relativieren. Er kann sich immer mehr geborgen fühlen und in rechter Sorgenfreiheit leben lernen (Phil. 4,6). So kann man auch langsam frei werden vom menschlichen Urteil (1.Kor.4,4; Gal. 1,10). Bei aller Rücksichtnahme auf die Menschen um des Zeugnisses willen (Eph. 5,15; Rö.14,18; 15,31b) lehnen Gläubige alle Anbiederung an Menschen ab (1.Kor.7,23), ebenso Augendienerei (Kol.3,22), Menschenfurcht, Abhängigkeit von Mode und Zeitgeist und überhaupt jedes Hin- und Hergeworfenwerden von den wechselnden Schwankungen weltanschaulicher und religiöser Zeitströmungen. Nach Gott zu fragen, führt auch zu einer Großzügigkeit des Denkens. Man verliert sich dann nicht mehr im Materiellen und Kleinlichen. Man kann tragen, vergeben, dienen (Mt. 20, 26f; Joh. 13,3-5; Lk. 12,37b) und lieben (Jak. 2,8).

Die Voraussetzung aber ist das durchdenkende Lesen Seines Wortes!
Das Lesen in der Bibel sollte daher eher ein Denkprogramm als ein Leseprogramm sein. Dazu kann helfen, sich entsprechende Methoden anzueignen: Warum nicht bei der „Bibellese“, das was der Text ganz individuell für Erkenntnisse gebracht hat, schriftlich zusammenfassen? Dadurch zwingt man sich zum Konkretisieren, zum Festhalten und Ausformulieren der Gedanken: Ein Bibellesetagebuch. Oder gelesene Abschnitte mit eigenen Überschriften versehen. Worum geht es, was ist die Kernaussage? So kann man sich selbst zum „Nach-denken“ bringen.

Verfehltes Denken

So wie die Bibel das richtige Denken beschreibt, so klar spricht sie auch vom Gegenteil. So kann der Mensch anhand von Negativbeispielen erkennen, wenn sich sein Denken verirrt hat.

In 2. Tim 3,8 ist eine lange Liste von Merkmalen des verderbten Denkens aufgeführt: Diese Menschen sind: Selbstsüchtig, stolz, Lästerer, gegen die Eltern widerspenstig, undankbar, lieblos, unversöhnlich, haltlos, zügellos, dem Guten feind, voreilig, Freunde des Genusses. Menschen, die eine Form der Frömmigkeit haben, die Kraft derselben aber verleugnen (also hinter einer christlichen Fassade ihr altes Ego ausleben). Menschen, die der Wahrheit widerstehen (weil sie die Lehren, die sie gewohnt sind, nicht in Frage stellen und neue Anregungen dazu ablehnen).

Dies ist verkommenes, heruntergekommenes, schäbiges und verlottertes Denken!

Paulus spricht in Titus 1,15 von verschmutztem Denken. Und damit ist nicht nur das Thema Sexualität gemeint. Sondern auch, wie man über den anderen denkt. Ob man schnell davon ausgeht, dass der andere aus unlauteren Motiven gehandelt hat. Wenn man ihm schnell unterstellt, einem Böses zu wollen. Wenn man sein eigenes Denken mit Missgunst, Neid und Rachegedanken verunreinigt (und sich damit übrigens auch krank macht). Verschmutztes Denken ist die Folge von Schmutz, dem man Einlass in sein Denken gegeben hat: Achte auf deine Einflüsse!
Beschäftigt man sich mit Negativem (auch Krimis oder Thriller können dazugehören, gewaltdarstellende Bilder und Filme – jeder hat andere Schwachstellen), so wird das Denken beschmutzt. Danach ist dann eine Reinigung nötig, also man könnte sagen, der alte Zustand von vor der Verschmutzung muss wieder hergestellt werden. Das nennt die Bibel:

Verjüngung des Denkens

Von diesen bemerkenswerten Vorgang lesen wir in Eph. 4,22-24, nämlich…
„ …dass ihr das frühere Verhalten ablegt, die alte Menschheit (die sich durch verführerische Begierden selbst ins Verderben bringt), und im Geist eures Denksinns verjüngt werdet und die neue Menschheit anzieht, die Gott gemäß erschaffen wird in Gerechtigkeit und huldvoller Heiligkeit der Wahrheit.“
Rö. 12,2 schreibt in ähnlicher Art davon, dass wir unseren Denksinn erneuern sollten, um prüfen zu können, was der Wille Gottes ist.

Was bedeutet es, das Denken zu verjüngen oder zu erneuern praktisch?
Es ist eine Frischzellenkur für unsere grauen Zellen. Verkrustungen werden weggefegt, man wird flexibler und aufnahmefähiger. Der menschliche Verstand gleicht doch zu großen Teilen einer staubigen Bodenkammer voller jahrelang angesammelten Gerümpels, Meinungen und Vorurteilen. Das Denken verjüngen bedeutet nicht, das Denken umzukrempeln, also in den alten Krempel unserer Gedanken mehr Ordnung bringen oder anstelle von altem Krempel neuen Krempel aufzunehmen, sondern es geht um völlig neues Denken, einen neuen Ansatz. Oft wäre ein „Gehe zurück zum Start!“ das Beste, was uns passieren könnte.

Dies gilt für Lehren bzw. Auslegungen, die vielfach ungeprüft übernommen worden sind: Prüfen wir wirklich auch das, was in der Gemeinde oder Kirche erzählt wird? Es geht aber auch um Einstellungen, die sich im Laufe der Jahre in unserem Denken eingenistet haben.

Beispielsweise ist weniger wichtig zu wissen, was Gott von einem anderen will, sondern was er von mir selbst will. Wo sind meine Aufgaben? Was kann ich gut, welche Talente und Gaben gilt es auszubauen und einzusetzen? Wo sind meine Schwächen, die bekämpft werden sollten?

Wenn wir unser Denken verjüngen lassen, können wir erkennen, was der Wille Gottes ist. Wir können es dann prüfen, steht in Rö. 12,2. Prüfen ist das Finden von Alternativen und Kriterien, um diese beurteilen zu können, also Denkarbeit!
Es geht also nicht um ein gutes Gefühl, darum über eine Sache sein Frieden gefunden zu haben. Das kann sehr trügerisch sein.
Zum Prüfen gehört auch Selbsterkenntnis: „Zunächst aber soll der Mensch sich selbst prüfen“… 1.Kor. 11,29.
Wir wissen meist sehr genau, warum wir Bestimmtes wollen. Gründe, die anderen oft völlig verborgen sind. Wir wissen sehr wohl, dass wir den Arbeitskollegen nicht wertschätzen, versuchen aber, es uns es nicht anmerken zu lassen. Wir wissen sehr wohl, ob wir unseren Partner, unsere Eltern, Kollegen in gewissen Punkten nicht respektieren, obwohl wir versuchen, das zu überdecken. Wir wissen sehr wohl, ob wir unseren alten Standpunkt nur noch verteidigen, nur weil wir dem anderen nicht Recht geben wollen, weil wir zu stolz sind. Wir wissen oft ganz genau, dass die Motivation bestimmte Dinge zu tun, nicht stimmt.

Nach außen hin kann ein Werk sehr gut und anerkannt sein – wenn es aufgrund einer falschen Motivation heraus passiert, ist es nichtig.

Wenn das Denken in diesen Punkten nicht entrümpelt wird, wenn wir es nicht erneuern und verjüngen, bleibt es bei dem falschen Denken, bei der falschen Einstellung. Gerade in Beziehungen zu anderen Menschen nutzt es nichts, unser Reden und Umgehen mit dem Anderen ändern zu wollen, wir müssen das Denken über ihn ändern (lassen). Denn die Einstellung wird früher oder später deutlich, ob wir wollen oder nicht. Schleppen wir in diesen Punkten immer noch die alte Menschheit mit uns herum, ist das Ballast, der uns hindert, frei zu werden!

Eine Hilfe von außen kann sein, wenn bei der Analyse der Gründe zu bestimmten Optionen zu greifen, geholfen wird. Das Prüfen des eigenen Denkens kann aber niemandem abgenommen werden und sollte es auch nicht.

Der Flugpionier Wilbur Wright beispielsweise, der voller Begeisterung seinem Vater, einem Pastor, von seinen Versuchen erzählte, soll den skeptischen Kommentar geerntet haben: „Hätte Gott gewollt, dass die Menschen fliegen, er hätte ihnen Flügel gegeben“. Gut, dass er sich nicht davon hat abhalten lassen!

Wie wir gelesen haben, will Gott das auch nicht. Er will nicht, dass aufgrund der eigenen Gefühlslage oder der Gefühlslage anderer Entscheidungen getroffen werden.

Er möchte, dass wir prüfen, was Sein Wille ist. Dabei hilft neben dem gereiften Denken auch unser Gewissen.

Das Denken und unser Gewissen

Was ist das Gewissen? Das Wörterbuch sagt, dass es das Bewusstsein des Menschen ist, zwischen Gut und Böse im eigenen Verhalten zu unterscheiden, das Vermögen sich selbst zu beurteilen. In Titus 1,15 steht: „Den Reinen ist alles rein, den Beschmutzten aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern ihr Denksinn wie auch ihr Gewissen ist beschmutzt.“ Das Denken und das Gewissen sind also Brüder, sie gehören zusammen. In Rö. 9,1 sagt Paulus: „Wahrheit rede ich in Christus (ich lüge nicht, mein Gewissen bezeugt es mir in heiligem Geist)“
Das Gewissen in Heiligem Geist ist also der Schiedsrichter über die Gedanken des Gläubigen.
Das Gewissen kann also Zeugnis geben, es kann schwach oder stark sein (1. Kor. 8,10). Es kann verschorft werden, also funktionsunfähig werden (1.Tim 4,2). Man kann sogar schiffbrüchig im Glauben werden, also untergehen, wenn man das gute Gewissen von sich stößt (1. Tim. 4,2).

Ein starkes Gewissen ist eines, das geschult wurde durch Gottes Geist, durch das Aufnehmen und Durchdenken Seines Wortes. Dann wissen wir immer mehr, was Gottes Wille ist. Wir wissen auch immer mehr über uns selbst und können uns selbst immer besser beurteilen.

Unser Gewissen und unser Denken wird durch die Wirkung des Heiligens Geistes, durch das Lesen Seines Wortes immer wieder auf Ihn ausgerichtet. Wie Eisenspäne, die durch Erschütterungen kreuz und quer durcheinander liegen. Kommt ein starkes magnetisches Kraftfeld dazu, werden diese ausgerichtet und geordnet.

Gläubige Menschen wissen dann im Laufe der Zeit immer schneller und besser, was zu tun ist – was Gottes Wille ist.

Christen sind also keine besseren Menschen, sie verhalten sich (leider) oft auch nicht besser. Christen sind aber Menschen, die eifrige Schüler in der Denkschule Gottes sind!

Die Gemeinde als Denkschule

Was kann das Gesagte für die Gestaltung von Gemeinden bedeuten? Zu aller erst, dass Gemeinde Anleitung zum Glaubenswachstum, also zum eigenen Bibelstudium jedes einzelnen Mitglieds bieten sollte. Hauptaugenmerk ist dann nicht mehr zahlenmäßiges Gemeindewachstum, sondern qualitatives Wachstum im Glauben. Das wird sicher nicht erreicht, wenn Gemeinde den Rahmen für Freizeitgestaltung aller Art bietet und jede freie Minute ausfüllt. Wo bleibt da noch der Raum für die eigene „stille Zeit“, für das eigene Lesen Seines Wortes? Gefährlich ist auch, wenn man sich durch die Gestaltung des Gottesdienstes an Außenstehende anbiedern will (Popmusik, inhaltlich flache aber rhetorisch gute Predigten) bis hin zur Verleugnung unbequemer Kerninhalte des Evangeliums. Viele Gemeinden muten ihren Mitgliedern Sonntag für Sonntag geistliche Magerkost zu, immer wieder das Gleiche in anderem Gewand. Eltern wären entrüstet, wenn ihre Kinder Jahr für Jahr den Zahlenraum von 1-20 durchnehmen würden. In den Gemeinden nehmen sie das für sich selber hin. Wo wird noch das geistliche Denken angeregt?