Die Allgemeinheit des Glaubens an höhere Mächte

Daran, dass es mehr als die sichtbare Welt gibt, haben die Menschen zu allen Zeiten geglaubt. Schon Cicero, der große Römer (106 – 43 v. Chr.), hat darauf hingewiesen. Luther erklärt: „Es ist nie ein Volk so ruchlos, dass es nicht einen Gottesdienst aufgerichtet und gehalten hätte.“ Diese tatsächliche Allgemeinheit religiösen Glaubens, die früher gelegentlich bezweifelt wurde, ist durch die neuere Völkerkunde und Religionswissenschaft als fraglos erwiesen worden. Absolut religionslose Völker oder Volksstämme gibt es nicht.

Gewiss ist dies noch nicht ein „Gottesbeweis“ im Sinn einer unbestreitbaren, gleichsam „mathematischen“ Beweisführung. Dennoch besitzt diese Tatsache eine hohe Zeugniskraft. Denn sie zeigt klar, dass die Anlage zur Religion allgemeinmenschlich ist, dass der Glaube an eine höhere Welt nicht grundsätzlich im Widerspruch zur allgemeinen Menschennatur steht, dass Gottesglaube und Gottesverehrung mit dem allgemeinen Wesen des Menschseins übereinstimmen. Dies ist der Wahrheitsgehalt des sogenannten „Gottesbeweises aus der Übereinstimmung der Völker“ (lat. e consensu gentium).

Die Lebenskraft des Glaubens an einen persönlichen Gott

Zugleich erweist sich echter Gottesglaube als eine lebensgestaltende Macht. Er macht Gebundene zu Freien, Sündenknechte zu Siegern, zerrüttete Existenzen zu wertvollen Gliedern in der menschlichen Gesellschaft. Er schafft Überwindung von Mutlosigkeit, praktische Umgestaltung des inneren und äußeren Menschen, gibt Lebenserneuerung und wahren Gesinnungsadel. Darin aber erweist er seine Realität. Ein Strom muss eine Quelle haben; ein Licht muss von einem Lichtträger ausgehen; eine Kraft beweist das Dasein eines Kraftzentrums. Bloße Einbildung kann keine neuen Menschen schaffen. Hinter der Glaubenswirkung muss Glaubenswirklichkeit stehen.

Dies ist der Kern des sogenannten „Gottesbeweises vom Nützlichen“ (lat. ab utili). Er bezeugt, dass echter Gottesglaube eine veredelnde Macht ist und dass der Vorwurf, der Glaube sei rückschrittlich und mache den Menschen für das irdische und soziale Leben unbrauchbar, auf einem totalen Missverständnis beruht. So trieb die Geschwister Scholl, die Protagonisten der NS-Widerstandsbewegung „Weiße Rose“, der unerschütterliche Glaube an ein Leben nach dem Tod und christliche Werte wie Nächstenliebe und das Einstehen dafür an. Gerade die Menschen, die an Gott glauben, werden für das Leben brauchbar. Alltagsarbeit ist für sie zugleich Dienst vor Gott.

Die Logik des Glaubens

Es ist auch logisch, d.h. folgerichtig, an Gott zu glauben. Alles Seiende muss seinen Urgrund haben. Wie es keine Uhr ohne Uhrmacher, kein Werk der Kunst ohne den Geist und die Hand eines gestaltenden Künstlers gibt, so müssen wir auch folgerichtig rückwärtsschreitend für das Weltganze zu einem „letzten“ und „ersten“ Welturgrund gelangen, zu einer alles bewirkenden, aber selber unbewirkten Weltursache, und diese kann angesichts der geradezu großartigen Allgewalt, Gesetzmäßigkeit, Schönheit und Zielstrebigkeit des Naturlebens nur als ein schaffender Geist voller Weisheit und Allmacht gedacht werden, also als personhaft lebendiger, schöpferischer Weltbegründer. Man kann sich dem logisch einfach nicht entziehen, oder, wie sich ein moderner Mediziner einmal ausdrückt: „Mein wissenschaftliches Gewissen verbietet mir das „NichtanGottglauben“ (Dr. Horstmann).

„Gott ist die Ursache (lat. causa) aller Dinge, und wer kausal denkt, denkt in der Richtung Gottes.“ „Gerade weil ich nachgedacht habe, bin ich gläubig geblieben“, bezeugt Louis Pasteur, der französische Chemiker.

Selbst christusferne Philosophen, die den biblischen Offenbarungsglauben ablehnten, haben sich genötigt gesehen, diese Begründung eines allgemeinen Gottesglaubens anzuerkennen.
So sagt Voltaire: „Ich weiß nicht, was ich von der Welt denken soll. Ich kann nicht glauben, dass diese Uhr existiert, aber kein Uhrmacher.“ Und Diderot, einer der einflussreichsten französischen Schriftsteller der revolutionären Aufklärungsperiode des 18. Jahrhunderts (1733—1784), erklärte: „Der Flügel eines Schmetterlings oder das Auge einer Mücke genügen, um alle zu verwirren, die das Dasein Gottes leugnen.“

In seinem Buch „Die Wandlung im naturwissenschaftlichen Weltbild“ (1953) erzählt Professor Karl Heim die Antwort des englischen Astronomen Newton an einen Gottesleugner: „In Newton‘s Arbeitsstätte stand ein großer, neuer Himmelsglobus, an dem der ganze Mechanismus der Bewegungen von Sonne, Planeten und Monden veranschaulicht werden konnte. Da kam ein atheistischer Bekannter Newton‘s zur Tür hinein, stand staunend vor dem Globus still und fragte: „Wer hat das gemacht?“ Newton schaute ihm tief in die Augen und antwortete: „Niemand!“ Das Wunderwerk des Sonnensystems, wollte Newton damit sagen, in dem sich alles nach bestimmten Gesetzen harmonisch bewegt, kann doch nicht von selbst entstanden sein. Nur ein schöpferischer Geist kann es erdacht und erschaffen haben und bis heute in Gang erhalten.“ „Denn Seine unsichtbaren Züge werden an der Schöpfung der Welt ersehen“ (Röm. 1,20). „Erhebet zur Höhe eure Augen und sehet! Wer hat all dies erschaffen?“ (Jes. 40,26). „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Luftschicht kündet von Seinem Werk“ (Ps. 19,2).

„Wenn ein Schiffbrüchiger auf einer einsamen Insel eine geometrische Figur in den Sand gezeichnet fände, würde er nicht auf die Existenz eines Menschen schließen und würde seine Seele nicht mit lebhafter Freude erfüllt werden? Aber die Welt ist mehr als eine geometrische Figur! Und sollte da unser Herz und Geist nicht von Freude und Dankbarkeit erfüllt werden, dass wir in ihr eine höhere, eine göttliche Intelligenz voll Weisheit und Güte walten sehen?“, schreibt Heim.

„Ich habe“, sagte Linnö, der in der Geschichte der Naturwissenschaften so hoch bedeutsame schwedische Botaniker, „die Tiere betrachtet, auf die Pflanzenwelt gestützt, die Pflanzen im Erdreich wurzelnd, die Erde vom Weltkreis getragen, im unerschütterlichen Lauf um die Sonne kreisend, die Sonne endlich, um ihre eigene Achse sich drehend, in schwebender Bewegung gehalten von der unbegreiflichen ersten Ursache, dem Baumeister, Erhalter und Regierer des Weltalls. Diesen einen, ewigen, unendlichen, allwissenden Gott habe ich, aufmerksam lauschend, einherschreiten sehen und bin von Staunen überwältigt.“

Auch Eduard Thommes, Astrophysiker an der Universität Heidelberg, sieht seinen Glauben in seinem Beruf bestätigt: „Wenn ich in den Sternenhimmel schaue, fühle ich mich geborgen und geführt von einem persönlichen Gott“ [29, S.70].

Von Werner Karl Heisenberg, einem der Begründer der Quantenmechanik und einer der größten Physiker des 20. Jh., stammt der Ausspruch: „Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott“. Weitere Stimmen:

„Die Erforschung des Universum hat mir gezeigt, dass die Existenz von Materie ein Wunder ist, das sich nur übernatürlich erklären lässt“ (Professor Allan Sandange, Kosmologe an den Carnegie-Observatorium, Kalifornien 1998 auf einer Konferenz zum Thema „Wissenschaft und spirituelle Suche“); [29, S.71].

Christiane Helling, Astrophysikerin an der TU Berlin hat erkannt „Ich selbst bin atheistisch erzogen worden, und für mich ist es immer wieder eine Überraschung, wie viele Wissenschaftler tief religiös sind. Aber es ist dann doch wieder logisch. Es geht ja nicht um den weißbärtigen Mann, der irgendwo über uns schwebt; es hat mit der Achtung vor der Struktur der Natur zu tun, dem Ineinanderpassen, Ineinanderfassen der Gesetze der Physik, der Mathematik“ [28, S.25].

„Das Weltall ist uns so unwahrscheinlich günstig gesinnt, dass es geplant zu sein scheint. Wäre zum Beispiel die Materiedichte im Urknall nur um den zehn-hoch-vierzigsten Teil größer gewesen, wäre das Universum in kurzer Zeit wieder kollabiert“ (Andreas Tammann, Astronomie-Professor an der Universität Basel) [29, S.73].

Harald Lesch, Professor für theoretische Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, bekannt aus der Astronomie-Reihe „Alpha Centari“ des Bildungssenders BR-alpha, meint, dass man sich auch als Wissenschaftler bekennen müsse, wie man sich den Anfang vorstelle. Lesch sagt dazu selbst: „Ich oute mich als einer, der an einen Designer glaubt. Ich halte es für vernünftig, an Gott zu glauben. Wenn alle das tun würden, würde die Gesellschaft dem Irrationalen nicht so hinterherrennen.“ [29, S.27].

Nicht nur die Naturwissenschaft weist deutlich auf Gott hin, auch die Informatik liefert ihren Beitrag. So belegt Dr. Werner Gitt, ehemaliger Direktor und Professor der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig in einigen seiner Publikationen (z.B. [17] ), dass die Lehre der Evolution wissenschaftlich nicht haltbar ist. Das Hauptargument ist, dass die entscheidende Grundgröße aller Lebewesen die in den Genen festgelegte Information ist. Das menschliche Genom beispielsweise enthält ca. 2,7 Terabyte Symbole in dreidimensionaler Speicherstruktur. Dort sind exakte Programme hinterlegt, zu welchem Zeitpunkt welche Wachstumsprozesse wie ablaufen und detailliert chemische Prozesse beschrieben. Ein Genom stellt im Sinn der Informatik einen Code dar, der aus einzelnen Symbolen besteht. Ein Symbol ist dabei eine Benennung oder ein Zeichen, das stellvertretend für einen Sachverhalt, im allgemeinen für eine Struktur oder für ein Netzwerk von Fakten besteht [18, S.17]. Ein Symbol ist ein Teil einer Nachricht, die eine Information enthält. Eine Information wiederum ist eine geistige Größe (z.B. ein Gedanke, eine Anweisung) die von einem „Sender“ (einer geistigen Quelle) geschaffen wird. Ferner ist eine willentliche Vereinbarung über die Bedeutung des Codes nötig, damit der Empfänger die Nachricht wieder als Information erkennen kann. Dieser Prozess läuft überall ab, wo Informationen ausgetauscht werden, im Gespräch, beim Lesen dieser Homepage und beim Schreiben eines Computerprogramms.
Immer ist ein geistiger Sender nötig und die Vereinbarung über die Codierung. Niemand würde beispielsweise auf die Idee kommen, dass ein Textverarbeitungsprogramm durch selbständige Selektion und Mutation von Programmzeilen entstanden ist, oder dass sich die verschiedenen Versionen selbständig „evolutionär“ weiterentwickeln und verbessern (gleichwohl die Vorstellung einen gewissen Reiz hat) oder dass sich aus einem Betriebssystem im Laufe der Zeit ein Programm zur Tabellenkalkulation herausbildet. Diese völlig absurde Vorstellung ist aber Grundlage der Evolution. Die Informatik stellt also klar: Ohne einen geistigen Sender gibt es keine Information. Auf die Anfangsüberlegung übertragen heißt das, ohne eine schöpferische, informationsgebende Instanz ist Leben nicht erklärbar.

Sicherlich gibt es in gewissen Grenzen „künstliche Intelligenz“, z.B. Expertenprogramme oder „selbstlernende“ Roboter. Intelligenz kann allgemein als die Fähigkeit angesehen werden, Symbole zu manipulieren und Schlussfolgerungen zu ziehen. Denken ist dabei das zielgerichtete, systematische Verknüpfen von Informationen, um Probleme zu lösen. „Denkende“ Maschinen kann es daher niemals geben, denn sie können sich nicht selbst Ziele setzen. Zu fragen ist auch, warum viele Lebewesen überhaupt mit höherer Intelligenz ausgestattet wurden, denn diese ist zum Überleben nicht notwendig, was aber nach der Lehre der Evolution die Voraussetzung für das Entstehen gewesen wäre. Dies zeigen wenig intelligente Spezies (z.B. Kakerlaken, Palmen und Einsiedlerkrebse), die schon lange die Erde bevölkern. Intelligenz befähigt Menschen, höhere Ziele als das Überleben zu erreichen [18, S.17]. Sie sind zu Höherem bestimmt.
Überträgt man die Logik der Informatik auf unsere Schöpfung, auf das Universum im allgemeinen, kann folgendes gesagt werden: Gott hat die Schöpfung mit einem bestimmten Ziel geschaffen. Alles läuft darauf hinaus und ist dem untergeordnet. Diese Information liegt uns in unterschiedlichen „Symbolen“ und auf unterschiedlichen Informationsträgern vor. Ein Informationsträger ist die Bibel, die klar von dem Ziel spricht, dass alle Menschen einmal Gott erkennen und verherrlichen können; die Schöpfung als ein weiterer Informationsträger gibt Zeugnis von der Anwesenheit und dem Wirken Gottes. Allerdings sind noch nicht alle Empfänger dieser Informationen (die Menschen) momentan in der Lage, diese zu decodieren. Das entspricht aber Gottes Plan der schrittweisen Ausweitung des Heilsgeschehens.

Dies ist der sogenannte „kosmologische Gottesbeweis„, in Verbindung mit dem „physikotheologischen“ und „teleologischen“ (griech. physis Natur; telos Ziel). Der erste geht von dem „Woher?“, der zweite vom „Wie?“, der dritte vom „Wozu?“ der Welt aus. Der erste schaut auf den Urgrund, der zweite nach der Ordnung und Schönheit, der dritte nach dem Ziel alles Seienden. Aber in Wahrheit gehören alle diese drei zusammen. Die beiden letzteren füllen das leere Begriffsschema und den Rahmen des ersteren mit entsprechendem Inhalt.

In dem allen übertrifft der biblische Gottesbegriff den philosophischen Gottesbegriff der griechischen Denker. Denn dieser lebendige Urgrund der Welt ist kein bloßes „ruhendes Sein“, kein „unbewegter Beweger“ der Welt (Aristoteles), sondern der handelnde Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Vater Jesu Christi, der Gott der Geschichte und Erlösung. Also zwar „unbewirkt“ aber nicht „unbewegt“, nicht nur „ruhend“, sondern vor allem „tuend“, nicht nur der Hintergrund aller Existenz, sondern zugleich der Sich im Vordergrund kundgebende Gott der Natur und Heilsgeschichte. Ihn kann menschliche Logik zwar nicht „beweisen“, wohl aber als Forderung der Vernunft („Postulat“) klar „bezeugen“. Hier besteht eine Kluft zwischen philosophischem und biblischem Gottesbegriff, die nur durch die göttliche Selbstoffenbarung und den Glauben des Menschen überbrückt werden kann.

So fügt sich der Wahrheitsgehalt des kosmologischen Gottesbeweises, als „Zeugnis“ von Gott, in den Rahmen der biblischen Offenbarung ein. Er bezeugt, dass schon das rein logische Denken zur Annahme der Existenz eines Welturgrundes nötigt, eine Nötigung, die von der Bibel bejaht und gleichzeitig unendlich übertroffen wird. Gottes Wirklichkeit schließt das menschliche Denken in sich ein, geht aber unfassbar weit über dasselbe hinaus. Sie geht nicht gegen, wohl aber über die Vernunft. Klares logisches Denken führt auf den Weg in der Richtung zu Gott hin. Gottes Realität und Seine Gedanken sind jedoch „nicht unsere Gedanken“ (Jes. 55, 8).

Der Irrtum des Polytheismus, Pantheismus und des Deismus

Man hat eingewandt, dieser „Kosmologische Gottesbeweis“, in seiner Verbindung mit den beiden anderen genannten, sei noch keine restlose Widerlegung der heidnischen Vielgötterei. Er führe also nicht unbedingt zum biblischen Ein-Gott-Glauben (Monotheismus). Denn es sei ja immer noch denkbar, dass am Anfang der Welt nicht nur eine, sondern mehrere schöpferische Weltursachen nebeneinander oder nach einander frei wirksam gewesen seien.

Hierauf ist zu antworten: Es ist ein Grundzug der modernen Naturbetrachtung, alle Naturvorgänge, die organischen wie die anorganischen, auf gleiche, einheitliche Grundgesetze zurückzuführen, so dass also das gesamte Weltall von einer einheitlichen Planung bestimmt ist. Wir erinnern nur an das physikalische Prinzip der kreisenden Bewegungen — gleichsam „Sonnensysteme“ — sowohl in der Sternenwelt wie auch in der Atomwelt. Desgleichen bezeugt die Spektralanalyse eine überraschende Einheitlichkeit des Universums. Denn sie beweist, dass die Stoffe aller Himmelskörper aus genau denselben chemischen Elementen bestehen wie die irdische Welt, so dass also das ganze All nicht nur physikalisch, sondern auch chemisch von gleichen Prinzipien durchwaltet ist. Gerade aber diese erstaunliche Einheitlichkeit des Kosmos bezeugt dem denkenden Geist, dass es nur ein planender Geist ist, der als der einige und alleinige Weltbegründer alle Kreatur ins Dasein gerufen hat. Damit aber wird die gesamte Naturwelt zu einem Zeugnis zugleich wider alle heidnische Vielgötterei.

So schreibt auch Professor Dr. A. Rendle Short in seinem Buch „Modern Discovery and the Bible“ (S. 85): „Die entferntesten Sterne erscheinen chemisch und physikalisch wie aus einem Stück gemeinsam mit unserem eigenen Sonnensystem. Die Tiere und Pflanzen wie auch die Naturvorgänge der vergangenen geologischen Zeiten waren denjenigen, die wir heute erforschen, sehr ähnlich. Allerorts und in allen Dingen zeigt sich das Werk nur einer Hand und eines Geistes. Ein Widerstreit von mehreren Schöpfern würde schon längst die Erdwelt und das Universum zu Grunde gerichtet haben.“ Und in gleichem Sinne schreibt Sir Edmund Whitaker, Professor der Mathematik an der Universität Edingburgh, ebenfalls ein Mitglied der Akademie der Wissenschaften (Royal Society) in seinem Buch „Space and Spirit“ (Raum und Geist): „Die Tatsache, dass dieselben mathematischen Gesetze im gesamten Bereich des Universums gültig sind und dass, wie die Naturwissenschaft zeigt, dieser Kosmos in Wechselbeziehungen und Zusammenhalt in sich und mit sich verbunden ist, führt zu der Folgerung, dass nur ein einziger Geist in der Gesamtschöpfung wirksam ist und ihr innewohnt. Dieser eine Geist waltet zugleich über dem gesamten Universum.“

Man hat ferner betont der „Kosmologische Gottesbeweis“, in seiner Verbindung mit den beiden anderen oben erwähnten, bewege sich durchweg nur im Raum-Zeitlichen. Er führe also nicht über die Natur hinaus und gelange folglich nicht in das Unbedingte, Überräumliche und Überzeitliche. Er überwinde daher den Pantheismus nicht, das heißt, die Lehre, dass Gott und Welt eins seien. Mit Recht aber spottet Goethe über die pantheistische Idee, dass es wohl eine unpersönliche Gottheit — eine Weltseele —, aber keinen persönlichen Gott gäbe: „Der Herr Professor ist eine Person, Gott keine!“ Auch ist es von vornherein unmöglich, eine bewusstlose Intelligenz anzunehmen. Dies wäre ein Widerspruch in sich selbst. Und ebenso ist es unmöglich, von bewusstlosen Ideen zu reden; denn Ideen fordern ein bewusstes und vernünftiges Prinzip, welches sie hervor bringt. So fragt auch der Psalmist: „Der das Ohr gebildet hat, sollte Er nicht hören? Oder das Auge geformt, sollte Er nicht erblicken?“ (Ps. 94,9).

Wir führen noch einmal ein Wort von Professor Rendle Short aus seinem soeben genannten Buch an: „Auch entspricht eine unpersönliche Gottheit nicht den Hinweisen und Merkmalen der Natur in befriedigender Weise. Ein Geist ist vielmehr am Werk gewesen, der Ziele voraus sieht und beabsichtigt und sie durch Gesetze und mit Stoffen zur Durchführung bringt, die wir bis zu einem gewissen Grade begreifen können. Es ist ein Geist, der nach denselben Grundlinien arbeitet wie auch unser eigener Geist, nur eben auf einer unermesslich weiteren, ausgedehnteren und höheren Ebene. Geist ist aber nicht etwas, das irgendwie im Weltenraum schwebt und schwimmt. Geist ist auch nicht einem Granitblock innewohnend. Geist ist vielmehr verbunden mit einer Persönlichkeit, die planen kann und die Fähigkeit der Durchführung ihrer Planungen besitzt, die Neigungen und Abneigungen, Wohlgefallen und Missfallen empfinden kann. So ist es nicht überraschend, dass die Bibel den Ausspruch Gottes anführt: „Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde, nach unserem Gleichnis“ (S. 82).

Außerdem ist – folgerichtig gedacht – der Pantheisrnus nur eine höfliche Form des Atheismus. Denn wenn man behauptet, Gott und Welt seien dasselbe, so kommt dies letzten Endes auf das gleiche hinaus, als wenn man sagen würde: Es gibt nur eine Welt, aber es gibt keinen Gott „Der Satz des Pantheismus: >Gott und die Welt sind eins< ist bloß eine höfliche Wendung, dem Herrgott den Abschied zu geben“ (Schopenhauer).

Albert Einstein, der große Mathematiker und Physiker, hat bezeugt: „Meine Religion besteht aus der demütigen Bewunderung des unendlichen, unbegrenzbaren, allem überlegenen Geistes, der sich auch in den kleinsten Einzelheiten offenbart, die wir mit unserem gebrechlichen und schwachen Geist wahrzunehmen vermögen. Diese tief bewegende Überzeugung von der Gegenwart einer höheren, vernünftig denkenden Macht, die im gesamten, unfassbaren Weltall offenbar wird, bildet meine Vorstellung von Gott.“

Und schließlich hat man erklärt, auch der Deismus sei noch nicht widerlegt, das heißt die Lehre, dass es wohl einen persönlichen Schöp­fergott gibt, dass dieser aber nicht in die naturgesetzlich geordnete Welt durch Wunder und Offenbarung eingreift. Hierzu bemerkte Goethe:

„Was wär‘ ein Gott, der nur von außen stieße,
Im Kreis das All am Finger laufen ließe!
Ihm ziemt‘s die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen
So dass, was in Ihm lebt und webt und ist
Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermißt.“

In der Tat, „wir sehen das Weltall voll bewegter Kraft, im Atom mit seinen sich drehenden Elektronen, im Lichtstrahl, in der elektromagnetischen Welle, in den Kraftlinien, die den Raum durchziehen, überall nur Kräfte. Es ist, als ob das Weltall atme. Ebenso in der Welt des Lebens, in der Zelle mit ihren unaus­gesetzten Teilungen, im Eiweiß mit seinen Kraftlinien, in den rätsel­haften Keimvorgängen: überall Stromlinien des Geschehens, eine im­mer bewegte Natur“ (Dr. A. Neuberg).

Das „Geistige“ am Stoff. Die Überwindung des Materialismus

„Stoff“ (Materie) gibt es im Weltall eigentlich nur unvorstellbar we­nig. Hier stehen wir vor drei unbegreiflichen Wundern in der Natur:

  1. Das erste ist die fast unglaubhafte Winzigkeit ihrer Urbestand­teile. Fünf Millionen Eisenatome müsste man aneinanderreihen, um die Strecke von nur einem einzigen Milli(!)meter zu erhalten.
  2. Das zweite ist die im Verhältnis hierzu überraschende Größe der Entfernungen zwischen den Trägern der „Substanzen“, und zwar sowohl in der Atomwelt wie auch in der Sternenwelt.
  3. Daraus ergibt sich, als das Dritte, eine Leerheit des Raumes in der Welt des Allergrößten wie ebenso des Allerkleinsten, die alles Stoff­liche fast zu „Nichts“ werden lässt und unser Denken einfach dazu zwingt, das Wesenhafte in der Natur nicht in diesem unvorstellbar selten vorkommenden Stoff, sondern in anderen Gegebenheiten zu suchen.

Diese Leere im Atomraum entspricht genau der Leere im Welt­raum. Zwischen den Atomkernen und den Elektronen in der Welt des Allerkleinsten liegen, im Verhältnis zu ihrer Größe, dieselben un­geheuren Weiten des „Nichts“ wie in der Welt des Allergrößten zwi­schen den Planeten und der Sonne. In der Sternenwelt ist, nach Professor Schwarzschild, die Verteilung der Sonnen und Sonnensysteme so dünn, als wenn sich durchschnitt­lich alle 30 bis 100 Kilometer nur ein einzelner Stecknadelkopf fände, und der zwischen den Sternen und Sterngruppen liegende „leere“ Zwischenraum muss nach Lichtjahren bemessen werden. (1 Lichtjahr = 10 Millionen mal Millionen Kilometer). So ist die „Stoff“-verteilung im Weltall überall grundsätzlich die­selbe.

Nur eben weil das, was wir undurchsichtig und fest nennen, in Wirklichkeit mehr einem losen Spinngewebe mit weiten, leeren Maschen vergleichbar ist und weil in diesem Ganzen sich Teilchen mit unvorstellbaren Geschwindigkei­ten bewegen, ist es möglich, dass die Lichtstrahlen durch das Fenster­glas, dass die Röntgen- und Kathodenstrahlen durch festen Stoff hindurchdringen, dass die Radiowelle den Ton und das Bild von Kon­tinent zu Kontinent vermittelt, und zwar mit derartiger Schnellig­keit, dass wir das, was in London, New York, Shanghai, Sidney oder Kapstadt gesprochen und gespielt wird, fast gleichzeitig – nach nur einer winzigen Bruchteil derselben Sekunde später – in allen Teilen der Welt vernehmen können.

Dies alles aber beweist zugleich eindeutig, dass in der Welt „Stoff“ und „Substanz“ nicht das Wesentliche sind, sondern vielmehr die Energien und Bewegungen, die Dynamik und die Gesetze, nach denen sich dies alles vollzieht. So hat die Naturwelt geradezu etwas „Geistiges“ an sich. „Ja, es sieht so aus, als ob im letzten Grunde nur die Energie als das schaltende Prinzip verbleibe und alle diese Bau­steinchen — Atomkerne und Elektronen — fast nichts weiter seien als teils flüchtige, teils dauernde Erscheinungsformen der Energie“ (Dr. A. Neuberg, Das neue Weltbild der Physik. Göttingen 1941, 5. 36).

Die materialistischen Naturwissenschaften werden nie erforschen können, wie Bewusstsein oder Instinkt entsteht, weil ihnen dazu das Handwerkzeug fehlt. Das Begutachten von Materie und Prozessen sagt nichts über Geistiges wie das Bewusstsein aus. Hier ist die Grenze erreicht. Auch atheistische Wissenschaftler haben dies schon erkannt [TN]. Die Bibel sagt: Gott hat das Bewusstsein erschaffen. Diese Aussage ist die einzig vernünftige. Anders ist nicht erklärlich, wie zielgerichtete Intelligenz, die beispielsweise nötig ist, um ein Nest zu bauen, in toter Materie entstehen kann.

So kommt das dynamische Weltbild der heutigen Forschung im­mer mehr dazu, einen „Hintergrund“ zu ahnen, der alles bestimmt, einen Hintergrund, in den wir allerdings nicht hineinzuschauen ver­mögen. Nur seine „Wirkungen“, eben den „Vordergrund“, können wir erkennen. Dabei ist aber gerade der Hintergrund das Entschei­dende. Dieser ist, wie es der englische Physiker Eddington ausdrückt, „ein Unbekanntes, das etwas tut, und wir wissen nicht, was“.

Dennoch ist es das Überraschende, dass wir diese Wirkungen mes­sen, registrieren und statistisch erfassen können, ja, dass wir das Tun dieses Unbekannten zum Teil mathematisch beschreiben und sogar gewisse Einzelgesetze erkennen können. Es ist das Wunder der Mathematik! Die Mathematik ist die Brücke – und zwar die einzige Brücke – zur Welt des Unvorstellbaren in der Kreatur.

Damit aber weist das Weltall auf eine Macht hin, die mit un­serem eigenen Geiste etwas gemeinsam hat, nämlich „eine Weise zu denken, die wir, mangels eines besseren Ausdrucks, die mathema­tische nennen.“ Oder wie es der Astronom Sir J. Jeans, den Professor Rendle Short einen der größten Geister Englands nennt, anderweitig sagt: „Der Plan des Weltalls scheint das Werk eines reinen Mathema­tikers zu sein“ (The universe appears to have been designed by a pure mathematician).

Der Mathematiker Sir Edmund Whitaker schreibt: „Unser Wissen ist sehr viel größer als dasjenige frü­herer Zeiten . . . Denn wir haben den Begriff einer mathematischen Struktur gewonnen, die das ganze Weltall umfasst. Die durch Experi­mente offenbar gewordenen Tatsachen haben geradezu einen Cha­rakter des Vernünftigen. Die Mathematik, dieses System des abstrak­ten Denkens, hat die Kraft, die konkreten Probleme der Physik zu lösen in seinem Buch „Space and Spirit“.

Damit gelangen wir zur Ahnung eines „Geistigen“ in der Welt des „Stoffes“. Geist und Materie stehen sich nicht so gegenüber, dass von der Welt des Stofflichen keine Brücke in das Gebiet des Geistigen und Seelischen führte. Der Geist ist auch kein Eindringling in das Reich der Materie, sondern ihr Schöpfer, Meister und Beherr­scher. Das Geistige wird als das Entscheidende im Weltall offenbar, und „das Weltall selbst fängt an, mehr einem großen Gedanken zu gleichen als einer großen Maschine“ (Sir J. Jeans).

Eine ganz überraschende Beleuchtung empfängt durch diese Er­gebnisse der modernsten Forschung das Bibelwort: „Durch Glauben begreifen wir, dass die Äonen durch einen Ausspruch Gottes zubereitet wurden, so dass das, was man erblickt, nicht aus etwas offenbar Gewesenem geworden ist“ (Hebr. 11, 3). Dies „Nicht-offenbar Gewesene“ sind natürlich nicht die Elektronen, Pro­tonen und Neutronen selbst. Denn sonst könnte sich ja geradezu der dualistische Gedanke nahelegen, als ob Gott diese unsichtbaren Kräfte (Energien) beim Beginn der Weltschöpfung bereits vorgefunden und dann gleichsam als Sein Baumaterial verwandt habe. Die Bibel je­doch lehrt, wenn zwar nicht ausdrücklich hier, so doch an anderen Stellen völlig unmissverständlich, eine Weltschöpfung aus dem Unsichtbaren (bes. 1. Mos. 1; hebr. Bara). Es ist aber auch nicht aus dem Nichts entstanden, denn vielmehr ist mit diesem „Unsichtbaren“ (Nicht-Erscheinenden), das der Weltschöpfung zugrunde liegt, Gottes schöpferisches Wort ge­meint, anders gesagt sein Geist. „Gott spricht, und Sein Wort hat die für uns unbegreifbare Fähigkeit, sich in dieser sichtbaren Wirklichkeit als Energie zu ma­nifestieren“ (Prof. H. Rohrbach). So bezeugt es auch der Schöpfungs­bericht zehnmal: „Und Gott sprach“, und der Psalmist erklärt: „So Er spricht, und es geschieht; Er gebietet, und es steht da“ (Ps. 33, 9). Zweifellos dürfen wir den Verfassern der biblischen Texte nicht moderne naturwissenschaftliche Erkenntnisse zuschreiben. Auch ist die Bibel kein Lehrbuch der Naturwissenschaft. Aber Gott, der alles weiß, hat durch die Inspiration von vornherein Sein Wort so gestaltet, dass es zuweilen über das Verständnis auch der Werkzeuge der Inspiration, der biblischen Autoren, hinausgeht (1. Petr. 1,11-12) und, losgelöst von allen zeitgebundenen Auffassungen und Weltbildern, seine Richtigkeit zu allen Zeiten und unter allen Umständen erweist.

Damit aber kommt es zugleich immer mehr zu einer gewissen An­näherung zwischen Theologie und Naturwissenschaft. „Der Gegen­satz zwischen Theologie und Physik hat seine Schärfe verloren“ (Dr. G. Howe). So verschieden sie auch in ihrem Wesen und in ihren Ziel­setzungen sein mögen, so führen sie doch beide — Atomphysik und Bibelglaube — „die sichtbare sinnlich greifbare Welt zurück auf eine unsichtbare, auch den schärfsten und vollkommensten Hilfsmitteln un­serer Sinnesorgane bisher verschlossene, nur vom Gedanken zu er­fassende Wirklichkeit“ (Prof. Dr. A. Titius).

Somit ergibt sich folgendes Fazit: Das Entscheidende in der ganzen Natur ist das Nicht-Erscheinende. Das Wesenhafte und Eigentliche liegt im Unsichtbaren. Das Geistige ist der Hintergrund aller Existenz. Dieser unsichtbare Hintergrund aber weist den Glauben hin auf den eigentlichen Urgrund von allem, den unsichtbaren Gott. Alle diese unsichtbaren Energien, die das Weltall bewegen, sind ein Teil des Wirken Gottes. Angesichts dieser Tatsachen ist darum auch der Deismus sinnlos, als ob der Schöpfergott die Welt zwar hervorgerufen habe, dann aber nicht mehr in ihr wirksam sei.

Zugleich ist jede rein materialistische Weltanschauung grundsätz­lich überwunden. Das ganze materialistische Weltbild des 19. Jahr­hunderts wird umgedreht: Nicht: Kraft (Energie) ist eine Eigenschaft des Stoffes, sondern ge­rade umgekehrt: Stoff (Substanz) ist eine Erscheinungsform der Ener­gie.

„Die Materie ist mit den Vorstellungen des Materialismus über­haupt nicht zu erfassen. Die materialistische Weltanschauung ist für den heutigen Physiker keine wirkliche Gefahr mehr“ (0. W. Gail). Der Satz: „Alles ist Materie“ war aufgestellt worden, als noch nicht ein einziges atomphysikalisches Experiment gemacht worden war. In diesem Zusammenhang nennen wir einen Ausspruch des briti­schen Naturforschers Lord Kelvin (William Thomson), seinerzeit Prä­sident der Königlichen Akademie der Wissenschaften in London (Ro­yal Society) und Professor der Physik in Glasgow. Von ihm sagt der Nobelpreisträger Sir William Ramsay, es gäbe keine Ehre, die die Menschen in ihrer Macht hätten zu erteilen, die groß genug wäre für ihn. Lord Kelvin sagt: „Wenn Sie tief und stark genug denken, wer­den Sie durch die Naturwissenschaften gezwungen werden an Gott zu glauben, was die Grundlage aller Religion ist . . . Ich habe mich in meinen Veröffentlichungen der vergangenen 50 Jahre viele Male ganz entschieden gegen die Lehre des Atheismus und Materialismus ausgesprochen und zwar aus rein naturwissenschaftlichen Gründen.“

„Jeder“, erklärt der Hamburger Physikprofessor Bavink, „der auch nur ein wenig von der heutigen Physik wirklich verstanden hat, ist schlechthin gefeit gegen den Unsinn des Materialismus. Auf einen solchen können alle in den „Freidenkerkreisen“ noch heute propagier­ten, alten, materialistischen Argumente nur wie eine Weisheit von An­no dazumal wirken. Er muss und darf darüber lachen und wird in sei­ner ganzen Umgebung als eine Gesundungszelle wirken. Er braucht nichts weiter zu tun als das, was ihm als tiefere Wahrheit aufgegan­gen ist, anderen weiterzugeben. Die Wahrheit wirkt immer am besten für sich selbst. Man braucht nichts weiter zu tun als sie möglichst hell scheinen zu lassen.“

Man hat den Einwand erhoben, dass dies alles notwendig zum Pantheismus führe, der die Innerweltlichkeit der Gottheit lehrt, aber die Persönlichkeit Gottes verneint. Diese Schlussfolgerung ist aber völlig unzureichend. Denn „glaubt der Mensch an einen persönlichen Gott, so ist für ihn die Energie ein Teil des Wirken Gottes.“ Gott Selbst ist sowohl über der Welt als auch in der Welt wirksam. So geht die Gottesidee nicht etwa in der Welt auf, sondern beides ist zugleich wahr: die Immanenz und Transzendenz Gottes, Seine Inner- und Überweltlichkeit. Der ganze Weltprozess wird von Gott getragen, und zugleich ist Er der Allherr und König über das Universum.

Mit all diesen Ergebnissen und Grundsätzen stimmt darum die Überzeugung überein, die Paulus in seiner Areopag Rede in Athen zum Ausdruck bringt: „In Ihm (Gott) leben wir und bewegen uns“ (Apg. 17,28). Christus, der Sohn Gottes, erhält und trägt alle Dinge durch das Wort Seiner Macht (Hebr. 1,3). Das ganze Uni­versum hat seinen „Zusammen-Bestand“ durch Ihn. „Das All besteht zusammen in Ihm“ (Kol. 1, 17).

Alle Energie stammt von Gott. Würde Gott diese Kraftzufuhr dem Universum versagen, so wäre Atomzerfall und Weltuntergang die sofortige Folge, und das Weltall würde in sich zusammenstürzen.

Gott aber erhält Seine Kreatur. Darum verlegt die Heilige Schrift „den Ausgangspunkt alles Sichtbaren in die Hand des allmächtigen, unsichtbaren Schöpfers, aus der diese unermesslichen Kräfte schon seit Beginn der Welt ununterbrochen hervorquellen. Es sind die Kräfte, die aus Gott kommen und das unermessliche All nicht nur ins Leben gerufen haben, sondern sie alle, sowohl die winzigen Elektronen wie auch die riesigen Sternkolosse im Weltraum, noch dauernd in Bewe­gung halten“ (Dr. E. Hitzbleck).

Durch dies alles ist das Weltbild der Bibel dem Weltbild ihrer zeit­genössischen heidnischen Umwelt unvergleichlich überlegen. Nach dem Weltbild des Altertums und seiner weiteren Ausgestaltung im Mittelalter waren die beiden Wirklichkeiten, die sichtbare und die unsichtbare, als verschiedene Sphären räumlich voneinander ge­schieden.

Der Mittelpunkt war die Erde, darüber der Himmel mit Gottes Thron und den Wohnstätten der Boten („Engel“) und der seligen Geister. Alle Einwirkungen der unsichtbaren Welt Gottes auf die Erde geschahen durch räumlich von oben nach unten gesandte Boten oder durch räumlich von oben nach unten wirkende Kräfte. Ganz tief unter dem Irdischen war die Welt der Toten und der unseligen Geister, die „Un­ter“welt. So entstand ein „dreistöckiges Weltbild“.

Nach der Bibel jedoch sind beide Wirklichkeiten, die sichtbare und die unsichtbare, zwar durchaus nicht (im Sinne des Pantheismus) gleichzusetzen, aber ineinander verwoben. Dies bewirkt schon die gleichzeitige Überweltlichkeit (Ps. 93) und Innerweltlichkeit Gottes (Ps. 139) von selbst.

Auch wenn menschliche Werkzeuge der Inspiration den Glauben ihrer Zeitgenossen an das „dreistöckige Weltbild“ geteilt haben soll­ten — und wir sehen keinen festen Grund, dies unbedingt zu ver­neinen —, so lehrt die Heilige Schrift selbst dennoch an keiner ein­zigen Stelle, dass die Erde als Scheibe in der Mitte sei und der Hades als Wohnort der Toten und Unseligen räumlich unter ihr sei, und dass der Himmel Gottes und der Boten sich räumlich über dem Firmament befände, das sich, wie eine Kristallglocke, über der Erdoberfläche wölbe.

In jedem Fall ist nicht die Auffassung der biblischen Schreiber, sondern der genaue Bibeltext selbst das Entscheidende. Oft geht ja der von Gott gemeinte Sinn des Schriftwortes über das Verständnis sogar auch der Träger der Inspiration hinaus ( 1. Petr. 1,10-12).

Tatsache ist, dass die Heilige Schrift diese beiden Wirklichkeiten durchaus realistisch auffasst und sie nicht als räumliche Gebiete von­einander scheidet, die noch dazu — modern ausgedrückt — durch „astronomische Entfernungen“ voneinander getrennt seien.

So brauchten dem Knecht des Propheten Elisa nur die Augen „geöffnet“ zu werden, und er sah die Berge von Dothan „voll feuriger Rosse und Wagen“ (2. Kön. 6, 17). Dem Zacharias „erschien“ ein En­gel im Tempel (Lu. 1,11). So heißt es in dem Bericht über die Ver­kündigung und den Lobpreis der Engel bei der Geburt Christi ganz schlicht: „Der Bote des Herrn >stand< bei ihnen (den Hirten)… Alsbald >war< eine Menge der himmlischen Heerscharen bei ihm“ (Luk. 2, 9-13). In all diesen Ausdrücken ist die Heilige Schrift außer­ordentlich nüchtern und zurückhaltend. Vor allem spricht sie nicht nur von Gottes Wohnort in der Höhe: „Denn Er weilt auf der Höhe“ (Jes. 33, 5). „In der Höhe und im Heiligen weile ich“ (Jes. 57, 15) sondern ebenso spricht sie von Seiner Kraft, die das Weltall durch­dringt, ja von Seiner Allgegenwart sowohl im Himmlischen wie auch in allen Bezirken des Irdischen. „In Ihm (Gott) leben wir und bewegen uns“ (Apg. 18,17). „Wohin soll ich gehen vor Deinem Geist, und wohin fliehen vor Deinem Angesicht? Falls ich die Himmel hinaufzöge, so bist Du dort, und sollt ich mich im Ungewahrten betten, siehe, Du bist da. Sollte ich die Flügel des Frührots tragen, sollte ich zelten am letzten Meer, auch dort würden Deine Hand mich leiten, und Deine Rechte, sie würde mich ergreifen.“ (Ps. 139, 7 – 10).

So gehören beide Wirklichkeiten zusammen. Dabei „sieht die Bi­bel, das heißt, die ihr zugrunde liegende Offenbarung, diese beiden, die unsichtbare und die sichtbare, nicht übereinander oder unter­einander oder nebeneinander oder umeinander, sondern ineinander, das Sichtbare eingebettet in das Unsichtbare, sodass sie sich gegensei­tig durchdringen. Als Menschen leben wir ständig in beiden Wirklich­keiten“ (Prof. Dr. H. Rohrbach).

Wenn darum die Heilige Schrift von Gott als dem „Höchsten“ und Seiner Himmelswelt in der „Höhe“ spricht, so kann dies nicht in ganz buchstäblichem, rein räumlichem Sinne gemeint sein. Die unsichtbare Wirklichkeit der Welt Gottes ist so herrlich und erhaben, so unendlich, dass es für uns Staubgeborene, solange wir noch nicht im Zustand der Vollendung sind, keine „Beschreibung“, sondern nur eine „Ahnung“ des Himmlischen geben kann, und auch diese Ahnung kann uns nur unter starker Mitbenutzung von Bildersprache vermit­telt werden. In diesem Sinne ist auch das „Oben“-sein Gottes zu verstehen. Es ist die sinnhafte Veranschaulichung der Jenseitigkeit des Gött­lichen. Es ist die raumsymbolische Darstellung der Erhabenheit des Überräumlichen. Darum versinnbildlicht auch die Bibel dies „Über“ durch das „Ober“, das geistig Überlegene durch das räumliche Höherliegen, das „Über“zeitliche und „Über“räumliche durch das sinnhafte „Oberräumliche. „Seine Gedanken sind „erhabener“ als unsere Gedanken“ (Jes. 55,9). Jesus hat vom Vater einen Namen empfangen, der „über“ alle an­deren Namen ist (Phil. 2, 9). „Deine Gerechtigkeit, Elohim, reicht bis zur Höhe“ (Ps. 71,19). „Denn erhabene Dinge tut Er“ (Jes. 12,5). Christus soll „hoch“ erhoben werden (Phil. 1,20).

So ist die ganze Natur des Himmels und der Erde von Gottes Macht und Lebenskraft durchdrungen. Alles was wir in der Welt außer, über und um uns herum sehen, wird gleichsam zu einer ausgestreckten Hand, die da hinweist auf Ihn, den Unsichtbaren und doch Gegenwär­tigen, Sein Dasein und Wirken, Seine Weisheit und Seine Macht.

Und dann ist auch noch unser eigenes Inneres ein Zeugnis vom Dasein Gottes.

Grenze und Wert der objektiven „Gottesbeweise“, Die „Gottesbeweise“ als „Zeugnisse“ von Gott

Es ist klar, dass dies alles nicht Gottesbeweise sind im Sinn einer mathematischen Beweisführung. Dies kann und darf aber auch gar nicht sein!

Es kann nicht sein, weil Gott als der Unendliche niemals Denkproblem menschlicher Maulwurfsspekulation ist, weil der Gottesge­danke alle menschlichen Denkmittel sprengt, weil darum schon der bloße Versuch einer staubgeborenen Kreatur, Gott „beweisen“ zu wollen, nichts anderes wäre als kindische Selbstüberschätzung, als maßlose Vermessenheit kleingeistigen Größenwahns.

Und es darf auch gar nicht sein, weil sonst der Kluge Gott schneller erkennen könnte als der weniger Begabte, der Gelehrte vor dem Un­gelehrten, weil dann das Gotterleben von der Sphäre des Sittlichen verschoben würde auf das Gebiet des Intellektuellen, weil sonst Gott eher erkannt werden würde unter dem Katheder des Philosophieprofessors in der Universität oder unter der Kanzel einer Kirche.

Und es ist auch deshalb nicht so, weil Gott dann auf die Verstandesleistung und das Wollen der Menschen angewiesen wäre, um Sein Ziel zu erreichen. Dieser Gott wäre machtlos und klein. Es ist zwar so, dass aufgrund der genannten Hinweise jedem logisch denkendem Mensch klar sein muss, dass es eine Macht geben muss, die über ihm steht, eine „höhere Intelligenz“ – es ist aber keinem Menschen möglich, von sich aus eine Verbindung zu Gott aufzubauen. Der allein Handelnde hierbei ist Gott – denn wir sind Gott gegenüber nicht gleichberechtigt, sondern Seine Geschöpfe. So ist klar: Wenn jemand Gott als seinen Herrn anerkennen kann, war allein Gott aktiv und nicht etwa der Mensch mit einer „freien“ Entscheidung. Denn „so wie Er uns auserwählt in Ihm (Christus) vor dem Niederwurf der Welt (also vor unserem ersten Atemzug), auf dass wir seien Heilige (d.h. für Ihn Abgesonderte) und Makellose vor Seinem Angesicht, in Liebe uns vorher ausersehend zum Sohnesstand durch Christus Jesus, für Ihn, nach der Lust Seines Willens, zum Lobpreis der Herrlichkeit Seiner Gnade“ (Eph. 1,4). Gläubige sollten daher auch nicht stolz auf eine eingebildete eigene Entscheidung sein, sondern stattdessen „Gott immer danken, da Gott euch von Anfang an vorzieht zur Rettung in Heilung des Geistes und im Glauben der Wahrheit“ (2. Thess. 2,13).

Die alten Philosophen haben oft erklärt, dass ihre Wissenschaft nicht für die Menge sei, sondern nur für die Aristokratie des Geistes. Wahre Gotteserkenntnis muss dagegen grundsätzlich für alle möglich sein, schließlich kommt letztlich jeder Mensch zur Erkenntnis Gottes: Denn „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim. 2,4). Und wer sollte Sein Ziel verhindern können? Das Wissen um einen persönlichen Gott ist also allein Gottes Geschenk (Eph. 1,18) und kann gar nicht in unserem Verstand begründet sein. Der Glaube also, dass die Bibel wahr ist, und dass Gott das eigene Leben lenkt, ist keine Denkleistung oder nach einer eigenen Entscheidung auf einmal da, sondern ein Geschenk, d.h. eine Gnadengabe Gottes (Gal 5,22).

Außerdem ist unser Verhältnis zur Wahrheit nicht ein bloß ver­standesmäßiges, sondern vor allem ein sittliches. Schon im irdischen Leben erkenne ich nur das, womit ich mich beschäftige, und ich be­schäftige mich nur mit dem, womit ich mich zu beschäftigen entschlos­sen habe. Also regiert der Wille das Denken. Da aber Gott es ist, der in uns „das Wollen und das Wirken bewirkt“ (Phil. 2,13), wird das Denken des Menschen von Gott gelenkt.

Unbestritten ist ja auch heute, dass beispielsweise Intelligenzpotenzial, Suchtneigung und Temperament genetisch festgelegt sind, während unser Charakter das Ergebnis von Sozialisation und Erziehung ist [10]. Das sind Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, sondern von Gott für jeden Menschen vorgesehen werden. Daher liegt die Entwicklung der Persönlichkeit nicht in unserer Hand, sondern in Gottes Hand (was ja auch wesentlich beruhigender ist). Jede Entscheidung, die wir treffen, ist nun abhängig von diesen Faktoren: Ein phlegmatischer Mensch wird z.B. seinen Tagesablauf anders gestalten als ein sehr aktiver. Bei Offenlegung all dieser Faktoren und aller vorherigen Geschehnisse in dem Leben eines Menschen könnte man also bei jeder anstehenden noch so kleinen Entscheidung exakt vorhersagen, welche Wahl getroffen wird. Es ist dem Menschen unmöglich, unabhängig davon eine Entscheidung zu treffen, also gibt es keinen freien Willen. Der Gläubige aber weiß, dass „Gott denen, die Gott lieben, alles zusammenwirkt zum Guten“ (Röm. 8,28), d.h. dass diese Umstände für ihn von Gott mit einem bestimmten Ziel erschaffen wurden und kann sie daher beruhigt als sinnvoll annehmen (auch wenn er den Sinn nicht immer erkennen kann), während der Ungläubige davon ausgehen muss, dass er von Zufällen hin- und hergeworfen wird. „Computer- und Hirnforschung dürften uns die Einsicht bringen, dass wir überhaupt keinen freien Willen haben“, so Gerhard Vollmer, Philosophie-Professor der TU Braunschweig. Wenn also schon unbewusst gesteuert wird, welche Autofarbe wir wählen, wie viel mehr ist dann unmöglich, dass wir uns frei für oder gegen Gott entscheiden können – die folgenschwerste Entscheidung überhaupt! [16] .

Es ist auch nicht der Verstand, der unser Herz überzeugt, sondern es ist unser Herz, das den Verstand überzeugt und „der für die Herzgesinnung Maßgebende ist Jahwe“ (Sprüche 21,1). Oder, um noch einmal ein bekanntes Wort des großen französischen Mathematikers Pascal an­zuführen: „Gott hat gewollt, dass die göttlichen Wahrheiten nicht durch den Verstand in das Herz, sondern durch das Herz in den Ver­stand eingehen.“ Nachdem aber das Herz Gott erkennen konnte, sucht ihn die Vernunft auch, denn der Gedanke Gottes ist die wahre Befriedigung unseres denkenden Geistes.

So haben die sogenannten Gottesbeweise – als Zeugnisse von Gott – einen ungemein hohen Wert. Sie lassen erkennen, dass es er­laubt, ja vernünftig, ja denknotwendig ist, Gott zu glauben, und dass die ganze Natur ein Hinweis ist auf den Zeitlosen, dass Glaube an Gott und Sinn für die Wirklichkeit sich nicht widersprechen, sondern zusammengehören.

Das persönliche Gotterleben, der absolute Beweis

Der Mensch hat ein Verlangen nach Seligkeit. Er begehrt ein höch­stes Gut. Er sucht es in allen Gütern und Freuden dieser Welt und findet es nicht. Er strebt nach wahrem Glück und fühlt sich doch oft elend. Er hat hohe Ideale und gelangt nicht zur Erfüllung. Denn sein Sehnen geht über die Welt des Zeitlichen und Irdischen hinaus und strebt in unendliche, zeitlose Fernen. Er sucht Gott. Und doch — wo ist Gott zu finden?

Diesem Streben nach Gott widerstreitet aber in uns eine andere Macht, und diese ist bemüht, uns von Gott abzuziehen. Wir tragen alle in uns einen geheimen, starken Widerstand gegen Gott. Unser Wille will beides: Gott und die Welt, die Heiligkeit und die Sünde, das Zeitlose und die Vergänglichkeit, Gottes Königtum und unser Eigenleben.

So ist unser Wollen zerspalten, und diese Zerrissenheit unseres Begehrens zerstört jedes Glück. Oder, um noch einmal mit Pascal, diesem großen Philosophen und Gelehrten bald nach dem Anfang der Neuzeit, zu reden: „Vergebens suchst du, o Mensch, in dir selber die Heilung für dein Elend. Alle deine Einsicht gelangt nicht weiter als nur bis zu der Erkenntnis, dass du in dir selbst weder die Wahr­heit noch das wahre Gut findest. Die Philosophen haben es dir ver­sprochen. Aber sie haben ihr Versprechen nicht halten können. So sehnen wir uns nach Wahrheit und finden in uns nichts als Ungewissheit. So suchen wir nach Glück und finden nur Elend und Tod.“

Andererseits ist aber gerade diese Sehnsucht ein Zeugnis von der menschlichen Größe, allerdings einer gefallenen Größe. „Der Mensch ist elend, weil er es ist; aber er ist groß, weil er es weiß.“ Niemand ist unglücklich darüber, dass er kein König ist, als nur ein entthronter König. So ist es das Begehren selbst, was uns unglücklich macht, und doch ist gerade dieses das Zeichen unserer hohen Berufung.

Der zum himmlischen Adelsstand berufene Mensch hat durch die Sünde seinen praktischen Adel verloren. Der zum Frieden bestimmte Mensch ist innerlich zerrissen. Der zur Verherrlichung Gottes geschaffene Mensch ist ein Sklave geworden. Sein Inneres ist zerwühlt durch die Disharmonie zwischen Begeh­ren und Erreichen. Im Zentrum seines Herzens wogt ein Widerstreit aller seiner drei Seelenkräfte. Im unerneuerten Menschen ist geradezu ein Konflikt zwischen Wille und Verstand, der sich im Gefühl als Unseligkeit niederschlagen könnte.

Der „Wille des Menschen“ will, weil das Ich auf Gott angelegt ist, das Unendliche und das Zeitlose. Befriedigt werden kann er aber nur durch das, was er benutzt und genießt. Dazu jedoch ist dessen Erkennen notwendig. Der Wille ist also zu seiner Befriedigung auf das Erkenntnisvermögen angewiesen. Der Verstand aber vermag ihm, in seiner Losgelöstheit von Gott, nur das Zeitliche und Begrenzte dar­zubieten. So kommt es zu einem Konflikt zwischen Wille und Verstand. Es ist die Spannung zwischen Habenmüssen und Nichtgebenkönnen, zwischen grundsätzlichem Fordern und grundsätzlichem Versagen, zwischen Unendlichkeit und Endlichkeit. Es ist der Widerstreit zwischen Persönlichkeitsbewusstsein und Weltbewusstsein, zwischen Gottessehnsucht und Weltliebe. Das Gefühl reagiert darauf als Un­seligkeit, als Bewusstsein innerer Leere. So ist der Sünder, nach ehernem Naturgesetz der Sünde, wesensnotwendig zerrissen. „Kein Friede ist da für die Frevler!“, spricht Jewe (Jes. 48, 22). Dieser Konflikt zwischen Ichbewusstsein und Weltbewusstsein, zwi­schen Unendlichkeit und Endlichkeit, kann erst durch das Gottesbewusstsein aufgehoben werden.

Denn Gott ist der Zeitlose und als solcher die Sonne der Unend­lichkeit, und Gott ist der Weltschöpfer und als solcher der Quell aller Endlichkeit. So haben sie beide, Unendlichkeit und Endlichkeit, in Ihm ihre zentrale, organische Einheit. Darum kann auch erst in Gott unsere Seele zur Harmonie gelan­gen. Wie Augustinus bezeugt: „Zu Dir hast Du uns geschaffen, und ruhelos ist unsere Seele, bis dass sie ruht, o Gott, in Dir!“

Diesen Weg zu Gott hin hat allein Christus uns erschlossen. Nur wer sich und seine Sünden glaubend am Kreuz mitgekreuzigt sieht, erhält Gottes Gerechtigkeit (Rechtfertigung) zugesprochen! Nur wer die Gnade des Glaubens empfangen hat, ist zum äonischen Leben berufen. Nur der kann auch triumphierend be­kennen: „Ich weiß es, ich weiß es und werd‘ es behalten: So wahr Gottes Hände das Reich noch verwalten, So wahr Seine Sonne am Himmel noch pranget, So wahr hab‘ ich Sünder Vergebung erlanget!“ (Woltersdorf).

Dies ist der eigentliche, wahre Gottesbeweis, der ,,psychologische Gottesbeweis“. Wer Gott in Christus erlebt hat, hat den Beweis Seiner Existenz in sich selber. Dieser subjektive Erfahrungsbeweis ist der eigentliche Gottesbeweis. So hat auch Christus selbst gesagt: „Meine Lehre ist nicht Mein, sondern dessen der mich sendet. So jemand will Seinen Willen tun, wird er erkennen in Betreff der Lehre, ob sie aus Gott ist, oder ob ich aus mir selber spreche “ (Jo. 7,16f). Die Methode der modernen Naturwis­senschaft ist das physikalische oder chemische Experiment. So ist auch das geistliche „Experiment“, das heißt, die persönliche Erfah­rung, der Weg zum Beweis Gottes. Die Versuchsanleitung könnte lauten: Lesen des Wortes Gottes in möglichst ursprünglicher Form zwei Wochen lang eine Stunde täglich (nur wenn unbedingt nötig, in Verbindung mit einer versweisen Auslegung). Entweder danach ändert sich das Leben dramatisch oder es hat sich „lediglich“ die Allgemeinbildung verbessert. Der Einsatz ist gering und der mögliche Gewinn riesig!

Wesentliche Teile aus „Der König der Erde“ von Erich Sauer [7].

 

Siehe auch:

Armin Held: Gottesbeweise (pdf, 248 S.)

Wikipedia: Gottesbeweis

Evangelische Akademie im Rheinland: Kann man Gott wissenschaftlich beweisen?