Das Ziel des Bösen
Versucht man, Gottes Planen und die Zusammenhänge der Bibel zu erkennen, fällt es leicht, das Ziel Gottes mit dem Bösen zu erkennen. Damit Menschen das Gute erkennen und wertschätzen können, ist es für sie wichtig, das Gegenteil vorher erlebt zu haben: Gesundheit wird doch erst dann besonders wertvoll, wenn man vorher eine Krankheit durchlitten hat. Das heißt also, damit Gott Sein Ziel erreichen kann, von allen seinen Geschöpfen für Seine Heiligen Eigenschaften geliebt zu werden, war das Böse zwangsläufig notwendig.
Ursprung des Bösen
Über den Ursprung des Bösen kursieren viele Mythen und Legenden. Vieles hat die Ursache darin, dass der Sinn des Bösen nicht erkannt wird und man es daher für geboten hält, die Urheberschaft Gottes abzustreiten und andere Erklärungsmodelle zu finden. Versuchen wir daher anhand der Bibel Licht in diese Verwirrung zu bringen:
„Ich (Gott) bilde das Licht und erschaffe das Finstere, bewirke das Gute und erschaffe das Böse.“(Jes. 45,7). Auch die großen Verbrecher dieser Welt? Natürlich: „Ich erschuf auch den Verderber“. Warum? Zielgerichtet, nämlich „um zu verheeren.“ (Jes. 54,16). Also auch eine Gestalt wie Hitler war erforderlich in Gottes Plan, also „dem Vorsatz dessen gemäß, der ALLES nach dem Ratschluss Seines Willens bewirkt“ (Eph. 1,11). Gott allein verhärtet (verstockt) das Herz der Regierenden, wie bei Pharao in 2. Mose 11,9-10 oder König Sihon in 5. Mose 2,30. „Oder geschieht ein Unglück in der Stadt, und Jehowa hätte es nicht bewirkt?“ (Amos 3,6). Selbst „böse Geister“ werden von Gott geschickt (1. Samuel 16,14). ALLES, d.h. ausnahmslos jedes Wesen, dient Gott (Psalm 119,90f) – Gott macht alles zu seinem Zweck, auch den Gottlosen (Sprüche 16,4). Die Bibel beantwortet die Frage nach der Herkunft des Bösen (die so genannte „Theodizee“ Frage) also ganz klar: Das Böse ist von Gott zielgerichtet eingesetzt.
Wie könnte es auch anders sein? Wir wissen, wer alles erschaffen hat: Gott. (Offb. 4,11; Kol. 1,16-17). Wir wissen auch, wer Veränderungen danach bewirkt hat: Gott! Er ist „ein Gott und Vater aller, der über allen ist und durch alle und in allen wirkt.“ (Eph 1,11; 4,6). Wer ist also auch für das Böse verantwortlich? Gott! Gott ist allmächtig, alles ist Ihm untertan.
Selbst wenn der Träger des Bösen, wie viele glauben, erst durch unbekannte Einflüsse zu einem solchen geworden wäre (obwohl es nicht biblisch begründet werden kann), wäre auch dieses von Gott bewirkt, wie alles andere auch. Die Urheberschaft des Bösen steht also zweifelsfrei fest: Gott. Das Böse ist von Gott mit einem bestimmten Ziel eingesetzt und erschaffen worden.
Titel Satans
Der Träger des Bösen ist Satan, der schon im Garten Eden als Schlange gewirkt hat: „Der große Drache, die uralte Schlange, die Widerwirker und Satan heißt“ (Offb. 12,7). Er wird auch „Fürst des Vollmachtsgebiets der Luft“ genannt (Eph. 2,2).
Von einem Wechsel dieser Titel ist nie die Rede. Wäre Satan einmal ohne Arg gewesen, wäre das aber notwendig. So heißt es auch: „der Widerwirker sündigte von Anfang an“ (1. Joh. 3,8). Und außerdem war er „ein Menschentöter von Anfang an und hat nicht in der Wahrheit gestanden, weil keine Wahrheit in ihm ist“ (Joh. 8,44).
Der oft verwendete Begriff „Luzifer“, auch Lucifer (kirchenlateinisch: Lichtbringer) ist dagegen unbiblischen Ursprungs: In der Antike war Luzifer der Name für den Planeten Venus; im antiken Babylon wurde die Venus als „Tagesstern, Sohn der Morgendämmerung” bezeichnet. Die römische Mythologie kennt Luzifer als Sohn der Aurora, der Göttin der Morgenröte. Da in Jesaja 14,12 ein aus den Himmeln hinab stürzender „Engel (eigentlich Cherub, s.u.) der Morgenröte” Erwähnung findet, konstruierten die Kirchenväter eine Parallele und gaben diesem ebenfalls den Namen Luzifer. Der Legende nach fand dieser angebliche Sturz Luzifers vom Himmel in die Hölle übrigens an einem 1. April statt, dem gleichen Tag, an dem auch das Leben des Judas Ischarioth begann bzw. endete. Nach anderer Überlieferung geschah dieses an einem 1. August. Im 14. Jahrhundert gab es gnostische Gruppen, die sich Luziferianer nannten. Diese Gruppen verehrten Luzifer und meinten, dass er der Bruder Gottes ist, der fälschlicherweise aus dem Himmel verstoßen wurde. Die ersten Luziferianer gab es in Österreich. Ihr Kult verbreitete sich rasch in Brandenburg, Böhmen, der Schweiz und Savoyen. Dieser Aberglaube hat sich teils bis heute gehalten. Aufgewärmt wurden diese Geschichten auch durch Mystiker wie Hildegard von Bingen (1098-1179) und Jakob Lorber (1800-1864). Was sagt nun aber die Bibel dazu?
Ist Satan ein „gefallener Engel“?
Es wird behauptet, Satan sei ein gefallener Engel. Dies würde den schon genannten und klar belegten Eigenschaften Satans („er sündigte von Anfang an“, 1. Joh. 3,8) widersprechen.
Die zweifelhafte Ehre, für diese Geschichte herhalten zu müssen, kommt unter anderen dem König von Tyrus (heute Sur/Libanon) in Hes. 28,11-19 zu. Der eingebildete König („hochgewölbt wurde dein Herz infolge deiner Schönheit“ V.17), entwickeltet sich von einem makellos wandelnden „Cherub“ zu einem, dem viele Verfehlungen (V. 18) angelastet wurden. Gott konnte ihn deswegen natürlich nicht mehr mit diesem hohen Amt betrauen, er wurde „entheiligt“ (V.18) und verbrannt, und zwar öffentlich („zu Augen aller dich Sehenden“ V.18) – die Völker „entsetzten sich über ihn“ (V. 19).
Ist also Satan demnach bereits tot? Es wird von Satan nie gesagt, dass er ein Engel oder Cherub war oder überhaupt jemals einen anderen Charakter hatte, sondern ganz im Gegenteil (s.o.). Aus dieser Begebenheit eine Erklärung zur Herkunft Satans abgeben zu wollen, entbehrt also jeglicher Grundlage.
Noch wunderlicher ist, dass gar das Schicksal des gestürzten menschlichen Königs von Babel in Jesaja 14,1-20 als angeblicher Hinweis für die Legende von Satan als gefallenem Engel genutzt wird. Der Kontext ist zwar ein völlig anderer als in Hes. 28, man greift sich aber V.14 heraus „Wie bist du gefallen vom Himmel! Heule du Sohn des Frührots! Abgehauen wardst du, zur Erde, du Besieger aller Nationen“, und schon sieht damit hier auch den Fall Satans beschrieben! Man übersieht hier, dass der tiefe Sturz eines Menschen bildlich ausgedrückt worden ist: eine Sprachfigur (wie „aus allen Wolken fallen“). Satan wird zudem nie König von Babel genannt; auch für diese angebliche Parallele gibt es nicht den kleinsten Hinweis.
Wieder ein völliger anderer Sachverhalt wird in Offb. 12,7-12 geschildert: Satan wird mitsamt seinen Boten („Engeln“) von Michael aus dem Himmel vertrieben. Es steht dort nicht, dass Satan vorher einen guten Charakter hatte. Zudem ist das gesamte Geschehnis in der Zukunft anzusiedeln. Auch Luk. 10,18 beschreibt einen Ortswechsel Satans und keinen Charakterwechsel.
Die völlig unterschiedlichen Zusammenhänge dieser oft genannten Stellen und erst recht die genauere Analyse lassen deutlich werden, dass mühsam versucht wurde, eine unbiblische Legende in völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Versen unterzubringen, um damit die Aufnahme in das kirchliche Dogmensystem zu rechtfertigen. Nach dem gleichen Muster wurde auch die heidnische Hölle mit der Bibel in Zusammenhang gebracht.
Im Jerusalemer Bibellexikon [34, S.773] heißt es dann auch zu Recht: „Wer einen Sturz Satans u.a. gefallener Engel und ihre Verjagung aus dem Himmel lehren will, muss in wenigen dunklen Andeutungen Aussagen hineinlegen, die dort nicht zu finden sind. V.a. steht in der Schöpfungsgeschichte kein Wort von einem solchen Sturz“ und weiter: „Er (Satan) bleibt jedoch ein Mitglied des göttlichen Gefolges und ist als solches dem göttlichen Willen untergeordnet und keine unabhängige Macht des Bösen. Dies kommt deutlich zum Ausdruck im Prolog des Buches Hiob (Kap. 1-2), wo Satan erscheint (Hiob 1,6), um Hiob anzuklagen.“
Die Sünde
Definition
Die ursprüngliche Bedeutung ist:
Das Ziel verfehlen, nicht erreichen, vorbei treffen (griechisch hamartia, von hamartano = nicht-erreichen, verfehlen, hebräisch chethma = Verfehlung).
Folgerungen
- Ohne Zielsetzung gibt es keine Sünde.
- Gott ist ohne Sünde, weil Er Sein selbst gesetztes Ziel erreichen wird.
- Die erste Sünde konnte nur durch das erste Übertreten eines Verbots Gottes geschehen, womit der Mensch ein gesetztes Ziel verfehlt hat.
Welches sind die Ziele, oder: wann sündigt man?
Gottes Ziel und das Ziel des Menschen hängen aus Gottes Perspektive zusammen:
Das Ziel Gottes ist, von der Menschheit, Seiner Schöpfung, ausnahmslos verehrt zu werden (Jes. 45,23-24, Phil. 2,9-11, Röm. 14,11, Off. 4,11; 15,4).
Das bedeutet also, immer wenn Menschen Gott verehren und ihm treu sind (glauben), sündigen sie nicht. Anders gesagt: „Alles aber, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde“ (Römer 14,23).
Mit der obigen Definition ist auch klar, wie Sünde zunimmt: Durch Gesetze, also viele Teilziele, die vollständig erreicht werden müssen, was aber Menschen unmöglich ist: „Das Gesetz aber kam nebenbei herein, damit die Kränkung zunehme“ (Römer 5,20). „Wo aber kein Gesetz ist, gibt es auch keine Übertretung“ (Römer 4,15). Und da wir, „die Nationen, das Gesetz nicht haben“ (Römer 2,14) können wir dies ja nicht übertreten. Gläubige, die das Evangelium der Gnade angenommen haben, sind also aus „Glauben gerechtfertigt, nicht durch Gesetzeswerke (Römer 3,28)“.
Dagegen galt das Gesetz für Gläubige aus Israel, die nach dem Evangelium des Petrus gelebt haben und nicht zur herausgerufenen Gemeinde (Evangelium des Paulus) gehören (1.Petr. 4,17f; Jak. 4,11).
Der erste Sünder
Sünde gab es schon vor dem sog. „Sündenfall“ Adams, denn es gab ja schon den Versucher, die Schlange (1.Mose 3,1). Dies war Satan (Offb. 20,2) – ein Sünder (1. Joh 3,8) und ein Menschentöter von Anfang an (Joh 8,44). Das bedeutet, dass schon vor dem „Sündenfall“ feststand, dass Satan Menschen töten wird (s.o.). Das war seine Bestimmung. Einzug hält das Böse bzw. Satan in der Bibel wohl in 1.Mose 1,2 mit dem Satzteil „Finsternis über der Tiefe“ – nach der Beschreibung der Leere mit „Die Erde wurde öde und leer“. Römer 5,12 beschreibt den Sündeneintritt durch Adams Übertretung in die Welt der Menschen.
Der Eintritt der Sünde in die Menschheit
Die Sünde konnte nur durch das erste Übertreten eines Verbots durch einen Menschen in die Menschheit gelangen. Um das zu bewerkstelligen, pflanzte Elohim in die Mitte von Eden den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen und versah dessen verlockende Früchte mit dem Verbot, von ihnen zu essen. Damit nicht genug, schickte Elohim die Schlange, die durch geschickte Rhetorik die anfänglichen Bedenken von Eva zerstreute, sie zum Essen verführte und somit ihrem Titel „Menschentöter“ gerecht wurde (1.Mose 3,1-7).
Denn durch diese erste Übertretung kam der Tod über alle Menschen (Römer 5,12). Gemeint ist hier aber nicht der sofortige körperliche Tod, sondern die Störung der Lebensgemeinschaft zwischen Gott und den Menschen: „Nachdem er den Menschen ausgetrieben hatte, ließ Er ihn gen Osten vom Garten in Eden weilen, und der setzte die Cherubim und die Flamme des zuckenden Schwertes davor, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen“ (1. Mose 3,24). Der Tod ist also hier nicht das sofortige Aufhören der Existenz, sondern eine Existenz in einer gestörten Gottesbeziehung (1.Johannes 3,14; Offenbarung 3,1; 1.Timotheus 5,6; Lk. 15,24; 15,32; Epheser 5,14). Nur das Hinwenden zu Gott bringt Menschen aus diesem (bildlichen)Tod in das Leben (Epheser 2,5; Kolosser 2,13; Sprüche 4,23; 22,4-5; Amos 5,4-6; Psalm 22,27; 69,33). Durch den Sündenfall Adams wurden wir aber das Gute und Böse erkennende Menschen.
Denn was passierte nach dem Sündenfall Adams? Der Tod kam zu allen Menschen, worauf „alle sündigten“ (Römer 5,12). Diese Entwicklung lag in Gottes Heilsplan, „denn Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er sich aller erbarme!“ (Römer 11,32).
Das Ende der Sünde
Aus diesem Grunde wird der Tod als letzter Feind bezeichnet und wird von Gott unwirksam gemacht werden (1. Kor. 15,26).
Der Weg war der Tod Christi: „Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden“ (1. Kor. 15,22). Sowohl das Sterben durch Adam, sowie auch das Lebendig machen durch Christus bezieht sich nicht nur auf das Körperliche. Christus ist nicht in erster Linie dafür gestorben, dass der Mensch endlos leben kann. Nein, Christus wird die Sündenfolge Adams, die zerstörte Beziehung des Schöpfers zum Menschen, wieder zurecht bringen. Alle Menschen leiden unter dem Sündenfall Adams, alle Menschen werden auch auch davon erlöst. Das ist die Aussage von 1.Kor. 15,22.
Wenn alle Menschen dann lebendig gemacht werden, wird diese Verheißung erfüllt werden: „So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir wird sich jedes Knie beugen, und jede Zunge wird Gott bekennen.“ (Röm. 14,11).
Ideen zu einigen Teile entstammen dem empfehlenswerten Buch „Das Böse – Ursprung, Zweck und Ziel“ von A.E. Knoch [3].