Hat Gott sich einen Zeitplan gesetzt, nach dem bestimmte Ereignisse stattfinden? Kann man von einem Kalender Gottes sprechen? Wenn ja, nach welcher Logik ist dieser Plan aufgebaut und was bringt die Zukunft?
Wozu gibt es die Zeit?
Gott hat die Zeit erschaffen (1. Mose 1,14), um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, denn Zeit bietet Raum für Veränderungen. Gott entwickelt die Menschheit. Dies ist ein Prozess, der Zeit benötigt.
Davor gab es einen zeitlosen Zustand, „vor den Äonen“(1. Kor. 2,7, 2.Tim. 1,9, Titus 1,2). Ebenso gibt es einen Abschluss der Äonen (1. Kor. 10,11), zu denen die Korinther bereits im Geist gelangt waren, denn sie waren „eine neue Schöpfung“ (2. Kor. 5,17). Also wird es wieder einen Zustand ohne Zeit geben, nach den Äonen.
Vor der Zeit
Was ist vor den Äonen passiert?
- Die Zeugung des Sohnes aus dem Vater (Psalm 2,7; Sprüche 8,22-24, Joh. 1,18; 8,42; Kol. 1,15).
- Der Sohn hatte Herrlichkeit beim Vater (Joh. 17,5).
- Die Gemeinde wurde erwählt (Eph. 1,4).
- Der Vorsatz der Äonen wurde gefasst (Eph. 3,11), d.h. Vater und Sohn planten gemeinsam und erkannten den Kreuzesweg als notwendig an (1. Petrus 1,20).
Dann erst wurde das All (Materie, das Universum und das Leben) und die Äonen (die Zeit) in Christus geschaffen (Kol. 1, 16; Heb. 1,2).
Äonen
Was aber sind genau Äonen?
Äon ist die größte Zeiteinheit Gottes. In Eph. 3,11 lesen wir von einem Plan (Vorsatz) der Äonen. Äon, griechisch aion, ist ein Grundtextwort, das oft mit Zeitalter, Welt oder fälschlicherweise sogar mit dem Gegensatz Ewigkeit/Endlosigkeit übersetzt wird. Mit Eph 2,2 wird „Welt“ (griechisch kosmos) einem Äon gleichgesetzt, denn es ist von einen „Äon dieser Welt“ die Rede. Ebenso gibt es also auch einen Äon der ehemaligen und zukünftigen Welt (siehe unten). Kosmos hat die Grundbedeutung von „geordnetes System“. Es kann also von der gleichen Erde die Rede sein, auf der grundlegend unterschiedliche (Gesellschafts-) Ordnungen bzw. Systeme herrschen. Äon ist dabei die Weltzeit, während kosmos das Weltsystem beschreibt.
Die Anzahl der Äonen wird in der Bibel nicht genannt, deshalb gibt es darüber unterschiedliche Ansichten. Sicher ist, dass nach dem momentanen Äon mehr als ein Äon folgt, denn Eph. 2,7 spricht von „kommenden Äonen“. Prediger 1,10 spricht außerdem von (mehreren) Äonen, die vor uns gewesen sind. Da zwei Äonen wohl durch ein Gericht abgegrenzt werden, kann mindestens von folgenden Äonen ausgegangen werden [3, 20, 21]:
Bezeichnung | Ende |
---|---|
Die ehemalige Welt (2. Petrus 2,5, 3,6) | Flut (1.Mose 7,4; 2. Petrus 2,5, 3,6) |
Der nunmehrige Äon (1. Tim. 6,17; 2. Tim. 4,10; Tit. 2,12) Dieser Äon (2. Kor. 4,4; Eph. 2,2; Gal.1,4) Diese Welt (Joh. 8,23) | Tag des Zorns (Off. 4-19; Mt. 24; 2. Thess. 1,7-10) |
Der zukünftige oder kommende Äon (Eph. 1,21; Heb. 6,5; Luk.18,30; Mk. 10,30; Mt. 12,32): Das 1000-jährige Königreich Christi auf Erden (Off. 11,15; 20,1-6) | Großer weißer Thron (Off. 20,11-15) Letzter Tag (Joh. 12,47-50) Himmel und Erde im Feuergericht (2. Pet. 3,7-12) |
Neue Himmel und eine neue Erde (2. Petrus 3,13; Offb. 21,1;Jes. 65,17; 2. Kor. 12,2) Der Abschluss der Äonen (Heb. 9,26; 1. Kor.10,11) Die Vervollständigung der Fristen (Eph. 1,10) Der Äon der Äonen (Eph. 3,21) Der Äon des Äons (Heb. 1,8; Ps.10,16) Äonisches Leben oder Zweiter Tod (Joh. 6,40, 8,51, Off. 20,13-15) | Abschluss: GOTT IST ALLES IN ALLEN Der Tod ist aufgehoben - alle Menschen leben (1. Kor.15,28; Röm. 11,36) |
Das zu Äon gehörige Adjektiv lautet „äonisch“ (aionion). Das äonische Leben (statt der verfälschenden Übersetzung „ewiges“ Leben) ist also zeitlich begrenzt (Mrk. 10,30). Das Ende des äonischen Lebens bedeutet aber nicht Tod, da dieser dann aufgehoben sein wird (siehe auch Exkurs Tod und Sterben).
In der Theologiegeschichte gab es unterschiedliche Ansichten über das Millennium (1000-jähriges Reich) als zukünftigen Äon. In der Frühzeit des Christentums war dies die übliche Anschauung, heute bezeichnet als Prämillenarismus bzw. Chiliasmus. Ab Mitte des 3.Jh. änderte die Staatskirche jedoch die Doktrin, da sie selbst als mächtiger werdende Kirche nun Zentrum dieses Reiches sein wollte und die Zukunftserwartung dazu nicht mehr passte. Vor allem der Calvinismus und die beiden Großkirchen bestreiten in ihrer „Bundes- oder Bündnistheologie“, dass Israel eine eigenständige Zukunftserwartung hat. Der „Neue Bund“ soll die aus den anderen Nationen integrieren. Dagegen vertreten Brüdergemeinden und einige Freikirchen die urchristliche Sicht, dass der Neue Bund (s.u.) wie der erste nur Israel gilt.
Haushaltungen, Verwaltungen oder Dispensationen
Auch innerhalb der Äonen ändert Gott die Rahmenbedingungen. Die sich daraus ergebenden Zeitabschnitte sind allerdings weit schwerer abzugrenzen. Es gab Zeiten, in denen Gott den Menschen Gesetze gegeben hat, aber auch jene ohne Gesetz. In einigen Zeitabschnitten herrscht Gott direkt (Theokratie), in anderen setzt er Regierungen ein. Das Kommen Jesu, seine Botschaft an das Volk Israel, sein Sterben und besonders seine Auferstehung waren zentrale und umwälzende Ereignisse, die wieder neue Grundlagen zwischen Gott und den Menschen schufen. Darauf bauten die Enthüllungen auf, die der Apostel Paulus von Christus direkt erhalten hatte. Es kann also eine Weiterentwicklung erkannt werden, ein schrittweises Offenbaren Gottes den Menschen gegenüber.
Somit ist es sinnvoll, nach Zeitabschnitten zu suchen, die sich von anderen unterscheiden. Die gegenwärtige Zeit trägt den Namen „Verwaltung der Gnade“ (Eph. 3,1-11), in der der Apostel Paulus sein Evangelium verkündete. Verwaltung ist die Übersetzung des griechischen oikonomia, wörtlich „Hausgesetz“ oder „Haushaltung“, lat. „dispensatio„. In einer Haushaltung werden Güter verteilt, bzw. gezielt zu einem bestimmten Zweck eingesetzt, wie in dem Haushalt einer Stadt. Die Methode, nach diesem Beispiel weitere Verwaltungen oder Dispensationen zu suchen, wird daher Dispensationalismus genannt. Obwohl oikonomia im eigentlichen Sinn kein Zeitbegriff ist, wird es im Dispensationalismus als eine Zeitspanne betrachtet, in der eine bestimmte charakteristische geistliche Zielsetzung erkannt werden kann, die sie von anderen unterscheidbar macht. Sie lässt den Menschen dieser Zeit gewisse Gaben, Segnungen und Güter zukommen, die es zu anderen Zeiten so nicht gegeben hat, gleichwohl die Grenzen oft unscharf und fließend sind. So wurde Paulus mit der Haushaltung der Gnade betraut, in der Gott in nie gekannter Weise Gläubige aus allen Nationen inkl. Israel segnet. Einige Gaben sind auch einige Zeitabschnitte hinweg bleibend, wie das Gesetz, das bis zur jetzigen Verwaltung der Gnade maßgebend war.
Es gibt unterschiedliche Vorstellungen, wie viele Dispensationen oder Zeitalter in diesem Sinn die Bibel beschreibt. Augustinus, der einflussreiche Kirchenvater, ging in seinem Werk „Vom Gottesstaat“ (geschrieben 413-427) von sieben Weltzeitaltern aus. Eine heute recht verbreitete Version, die auch in der „Scofield-Bibel“ dargestellt ist, hat Clarence Larkin entwickelt, indem er Ansätze von John Nelson Darby (1800-1882), dem Gründer der „Plymouth Brethren“, systematisierte. Wichtig ist, nicht aus der Anzahl der Dispensationen ein starres Dogma zu machen, sondern zu erkennen, dass Gott im Laufe der Zeit unterschiedliche Bedingungen geschaffen und Vorgaben gemacht hat, um letztendlich alles zu dem großen Ziel zu führen.
Der praktische Nutzen ist, dass man bei der Auslegung der Bibel Anweisungen, Gaben und Verheißungen, die zu einer bestimmten Zeit einem bestimmten Empfängerkreis in der Vergangenheit oder für die Zukunft gegeben wurden, nicht fälschlicherweise auf sich heute bezieht. Heillose Verwirrung wird so vermieden. Dieser Irrweg ist allerdings weit verbreitet, beispielsweise wenn man meint, uns sei die Gabe des Zungenredens oder des Heilens verheißen (die in die Zeit um Pfingsten gehören, s.u.), das Halten des Sabbats (bzw. Sonntags) empfohlen wird (also dieser Tag für bestimmte religiöse Handlungen reserviert ist) oder wenn gemeint wird, man solle jetzt schon das Königreich auf Erden (Millennium) aufbauen, das aber zukünftig ist.
Eine kurze Geschichte der Menschheit in der Bibel
Die folgende Einteilung lehnt sich an den Vorschlag von Darby in der Überarbeitung von A.E. Knoch (1874-1965) an:
Vergangenheit
Die Geschichte der Menschheit beginnt mit Adam (hebr.: Mensch) im Garten Eden. Diese Zeit unterscheidet sich von anderen durch die Abwesenheit der Sünde im Menschen. Sie lebten noch in Unschuld, aber auch in Unwissenheit. Um dies zu ändern, musste Adam von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen kosten (1. Mose 2,3-13). Damit begann ein Erkenntnisprozess. Sünde trat in die Welt der Menschen ein, damit sie durch das Vorhandensein des Bösen, eigener Verfehlungen und Schwächen das Gute (und damit Gott) erst erkennen können:
Die gesamte Menschheitsgeschichte danach war davon geprägt. Der erste Sohn von Adam und Eva wurde ein Brudermörder: Kain erschlug Abel, weil dieser im Unterschied zu ihm die Zuneigung Gottes erfuhr. Nur dem Gewissen als Kontrollorgan unterstellt, verkommt die damalige Menschheit moralisch – die negativen Eigenschaften, die Gott in den Menschen gelegt hat, werden überdeutlich. Dazu trägt auch die Herrschaftslosigkeit (Anarchie) bei. Gott vollzieht einen harten Schnitt, indem Er bis auf Noah und seine Familie, die einzigen gerechten Menschen, die verdorbene Menschheit in der Sintflut (um 3200 v. Chr.) umkommen lässt. Die ehemalige Welt, der erste Äon, ist zu Ende (2.Petrus 2,5; 3,6).
Es beginnt ein neuer Äon (Gal. 1,4), die heutige Welt (1. Kor. 7,31; Eph. 2,2). Die Wiederbevölkerung der Erde durch die drei Söhne Noahs Sem, Ham und Japhet beginnt. Menschen dürfen nun die Todesstrafe vollstrecken (1.Mose 9,1-17), Regierungen entstehen. Der Turmbau zu Babel (= Verwirrung) ist aber ein Zeichen dafür, dass die Menschen sich selbst erhöhen wollten, statt Gott (1.Mose 11,6-9). Um dagegen zu steuern, schuf Gott Unterschiede zwischen den Menschen und damit verschiedene Nationen, indem Er dafür sorgte, dass die Menschen sich nicht mehr verstanden, wohl auch durch verschiedene Religionen und Ideologien. Somit „zerstreute er sie über die ganze Erde“. Dies geschah um 2200 v. Chr.
Gott erwählte Abraham, der inmitten einer verkommenen Gesellschaft in Ur/Chaldäa (heute Irak) wohnte und verhieß ihm Stammvater eines großen Volkes zu werden, durch das einmal alle Nationen der Erde gesegnet werden. Dies ist der „Alte Bund“ (2. Mose 24,8; Heb. 9,18-20). Abraham verließ aufgrund der Anweisung Gottes seine Heimat, aber musste dennoch noch lange 14 Jahre warten, bis ihm endlich der Sohn Isaak geschenkt wurde. Der Name dessen Sohnes Jakob wurde später in Israel (= Kämpfer Gottes) umgewandelt (1. Mose 32,28). Jahrzehnte später zwang eine Hungersnot um 1800 v.Chr. Jakob und seine mit ihm lebenden 11 Söhne nach Ägypten zu ziehen. Dort trafen sie überraschenderweise auf Joseph, den die Brüder einstmals an Händler verkauften, und der inzwischen in Ägypten als hoher Regierungsbeamter für die Ernährung des Landes zuständig war. Nach dem Tod Jakobs und Josephs wurden die Nachkommen jedoch in Ägypten versklavt. In diesem Elend wurde Mose geboren, musste versteckt werden und wurde so von der Tochter des Pharao gefunden und aufgezogen.
Insgesamt 430 Jahre (2. Mose 12,40) musste Israel in Ägypten ausharren. Gott musste erst 10 Plagen über Ägypten hereinbrechen lassen, bis sein Volk endlich ziehen durfte. Ihr Anführer wurde jener Mose, der am Hof des Pharao vorzüglich ausgebildet wurde. Im dritten Monat des Auszugs gab Gott ihm auf dem Berg Horeb im Sinai die 10 Gebote, Kern des Gesetzes. Obwohl mittlerweile vor dem Eintritt in das Land der Verheißung stehend, weigerten sie sich das Land einzunehmen, denn einige Botschafter warnten vor großer Gegenwehr (4. Mose 13-14) und das Volk zweifelte an den Erfolgsaussichten. Als Strafe für diesen Unglauben wurden sie dazu verurteilt, weitere 40 Jahre durch die Wüste zu ziehen. Mit Moses Nachfolger Josua eroberten sie schließlich doch den Großteil des Landes. Das Volk wurde zunächst in einer Theokratie (Gottesherrschaft) durch Richter wie Samuel verwaltet, dann durch die Könige Saul, David und Salomo jeweils 40 Jahre regiert. Salomo baute den Tempel in Jerusalem auf, den sein Vater David geplant hatte. Bald aber teilte sich ihr Königreich in das nördliche Israel und das kleinere Juda, die sich durch dauernde Kriege gegeneinander schwächten und leichte Beute wurden. So wurde 722 v. Chr. Israel von Assyrien besetzt – viele starben, andere wurden vertrieben (2.Könige 17). 135 Jahre später ging auch Juda unter: Um 587 v.Chr. wurde Jerusalem von dem babylonischen König Nebukadnezar zerstört, alle führenden Bürger wurden nach Babylon verschleppt (2. Könige 24,14). Der Tempel wurde geplündert und niedergebrannt. Babylon wurde bald vom Perserkönig Kores erobert. Kores erlaubte die Rückkehr Israels und am 14.3.445 v. Chr. den Aufbau Jerusalems und des Tempels (1. Nissan nach Neh. 2,1-8; Dan. 9,25). Erstaunlich ist das Wirken Gottes an seinem Volk, das gerade im Alten Testament deutlich wird: Obwohl es immer wieder Phasen des Unglaubens und der Widerspenstigkeit gab, hält Gott fest an seinen Verheißungen. Auch die von Gott gewählten Führer des Volkes und Träger der Verheißungslinie waren selten vorbildlich. Gerade diese Phasen der Niederlage und Schwäche sind von Gott also als Lerneinheiten gewollt und notwendig.
Zwischen dem Alten und Neuen Testament erstreckt sich nun ein Zeitraum von 400 Jahren, über den die Bibel schweigt.
Nach dieser Zeit waren die Römer die Herren über Israel. In den Evangelien wird nun beschrieben, wie der fleischgewordene Jesus zu dem geschundenen Volk Israel gesendet wurde, um aus ihm endlich das Volk zu machen, das alle anderen segnen kann (Mat. 15,24). Israel konnte Jesus aber nicht annehmen (Apg. 4,26-28; Joh. 1,11), sondern ganz im Gegenteil: es ermordete Ihn. Das Kreuz, Mittelpunkt aller Äonen, symbolisiert einen Scheidepunkt. Zum einen demonstriert es in beispielloser Weise die unfreiwillige Verblendung der Menschen (2. Kor. 4,4; Römer 9,14-18), gleichzeitig wird aber das Fundament gelegt für das kommende Gnadenwerk Gottes. Diese Zeit ist daher auch am deutlichsten in der Bibel beschrieben. Je weiter weg ein Geschehnis bzw. eine Prophezeihung vom Kreuz ist, desto unklarer ist die Beschreibung in der Bibel (Perspektivischer Grundsatz).
Zu Pfingsten werden die Kräfte des künftigen Äons kurz sichtbar. Doch auch bei diesem Ereignis kann Israel das Zeugnis des Geistes nicht annehmen (Apg. 13,45). 66 n.Chr. rebellierten die Juden gegen die römischen Besatzer; im „Jüdischen Krieg“ wurde der Tempel 70 n.Chr. zerstört und rd. 1,1 Mio. Juden getötet. Viele verließen Israel und vergrößerten die Zahl der in der Diaspora lebenden Juden.
In der folgenden Zeit des Übergangs deutet sich an, dass sich Gott nun den Nationen zuwendet, wie beispielsweise bei der Bekehrung des römischen Hauptmanns Kornelius und seinem Haus (Apg. 10,1-48). Gott beruft Paulus (um 34 n. Chr), um ein neues, anderes Evangelium (Röm.15,16; Gal.1,7) anderen Völkern nahezubringen. Doch Israel will in seiner Eifersucht Paulus töten (Apg. 21,28 ff.). Israel wird von Gott beiseite gesetzt (Apg. 28) und Gott wendet sich nun den Nationen zu. Gott unterbricht aber nur das direkte Handeln an seinem Volk Israel, ohne es endgültig zu verstoßen (Römer 11,1-2). Die Staatsgründung Israels 1948 mag ein Zeichen dafür sein.
Gegenwart
In der heutigen „Verwaltung der Gnade“ (Eph.3,2-3) wird Paulus das Geheimnis eines neuen Evangeliums der Gnade (Röm.5,21) enthüllt. Dieses Evangelium der Unbeschnittenheit (Gal. 2,7), das uns gilt, unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von allem bisher dagewesenen (siehe Exkurs Schriftteilung).
Zukunft
Diese Verwaltung der Gnade wird beendet sein, wenn die Gläubigen aus den Nationen entrückt werden (1.Thess. 4,16; 1. Kor. 15,51-52; Phil. 3, 11) – sie treffen Christus dabei „in der Luft“ (1. Thess. 4,16); sie haben deswegen eine „frühe Erwartung“ in Christus (Eph.1,12). Dies ist der Tag Christi (Phil. 1,6 u.a.). Die Briefe, die uns heute gelten, sind die Briefe des Apostel Paulus an die Epheser, Philipper und Kolosser sowie an Timotheus, Titus und Philemon. Die Gemeinde der Thessalonicher hatte die Befürchtung, dass der folgende Tag des Herrn schon angebrochen wäre, dass sie also die Entrückung verpaßt hätten. Diese Sorge konnte ihnen aber von Paulus genommen werden, denn davor müssen noch einige Ereignisse eingetreten sein. „Zuerst“, also vor dem zukünftigen Tag des Herrn, heißt daher es in 2. Thess. 2,3, zuerst kommt erstens der Abfall und zweitens die Enthüllung des Menschen der Gesetzlosigkeit (eigentlich Mensch der Sünde). Den Thessalonichern will er damit sagen, dass sie diese beiden Ereignisse noch nicht erlebt haben und sie sich daher auch nicht im Tag des Herrn befinden, also die Entrückung der Gläubigen aus den Nationen nicht verpasst haben. Es gibt nur ein Volk, das von Gott abfallen kann, weil es immer mit Gott verbunden ist, sogar dann, wenn es nichts von ihm wissen will: Israel! Sie sind zwar zur Zeit Verworfene, bleiben aber Auserwählte und Geliebte um der Väter willen (Rö.11,29). Dieser Abfall könnte für alle offensichtlich werden, wenn Israel ein Bund mit dem Antichristen schließt (nach Daniel 9,27). Es gibt außerdem noch etwas, dass das Geheimnis der Gesetzlosigkeit aufhält (2. Thess. 2,7). Es spricht einiges dafür, dass es sich um die Gemeinde handelt, denn die Gemeinde ist die widerstrebende Kraft, ein Antipol zur Gesetzlosigkeit. Die Gemeinde ist immer noch im Entstehen, die „Vervollständigung der Nationen“ ist noch nicht abgeschlossen (Rö. 11,25, Lk. 21,24). Es ist also auch die Existenz der Gläubigen von Thessalonich selbst, die den Tag des Herrn noch aufhält.
Auch heute können wir Vorbereitendes sehen – die Gesetzlosigkeit schreitet fort -, aber wir dürfen, so wie die Thessalonicher, sicher sein, noch nicht im Tag des Herrn zu sein. Das ist auch gut so, denn der Tag des Herrn ist schrecklich, für die meisten Menschen kommt er wie ein Dieb in der Nacht (1. Thess. 5,2). Der Tag des Herrn oder Jewes bezeichnet im AT immer ein zukünftiges Gericht Gottes. Und zwar über Städte (Babylon Jes. 13,6ff »Heulet! Denn nahe ist der Tag Jewes! Wie Verwüstung von Ihm, dem Allgenugsamen, kommt er … grausam mit Ingrimm und Zorneshitze«), über Länder wie Ägypten (Jer. 46,10; ) und Edom (Obadja 1,8), sowie auch über Israel selbst (Jes. 2,12-24, Hes. 13,5; Joel 1,15; Joel 2,1+11, Zephania 1,7+ 14). Liest man diese Stellen, kann man erkennen, dass diese Gerichte noch nicht erfolgt sind, also immer noch zukünftig sein müssen.
In dem kommenden Zeitabschnitt, der unter der Überschrift Zorn stehen könnte, wird die Erde also von Gerichten erschüttert, so genannte Siegel- (Offb. 6), Posaunengerichte (Offb. 8) und Zornesschalen (Offb. 16). Mit dem ersten Siegelgericht entsteht zwar der Eindruck, dass Frieden herrschen kann (Offb. 6,4; 1. Thess.5,3). Allerdings erweist sich das als Fehleinschätzung. Die Sonne verdunkelt sich und der Mond wird blutrot (Apg. 2,20), Parallelen zum sechsten Siegelgericht (Offb. 6,12) sind offensichtlich. Mit dem siebten Siegel beginnen die sieben Posauengerichte (Offb. 8,2): eine große Drangsal. Der Antichrist, auch Mensch der Gesetzlosigkeit, wird als solcher entlarvt werden und beherrscht die Welt (2. Thess 2,3; Offb. 13). Zur Dauer werden in der Offenbarung (Offb. 11,3; Offb. 12,6 und Offb. 13,5) 3,5 Jahre (42 Monate bzw. 1.260 Tage) genannt. Ausleger, die die sog. 70. Jahrwoche des Propheten Daniel auf diese Zeit beziehen, gehen von insgesamt 7 Jahren für die Zeit des Zorns aus (Dan. 9,24-27). Die kommenden Zornesschalen sind auch unter den sieben Plagen der Endzeit bekannt. Dazu gehören: Pandemien (Eiterbeulen), das Meerwasser wird zu Blut und alle Meereslebewesen sterben. Es kommt zu einer extremen Dürre und Armeen bereiten sich auf den Weltkrieg vor. Das größte Erdbeben seit Menschengedenken vernichtet alle Inseln und Berge; extremer Hagel fällt auf die Erde. Anders gesagt: Wetterextreme, Umweltkatastrophen und Kriege müssen erlitten werden. Aber die Menschen kehren immer noch nicht um, so heißt es dort.
Nach dieser Gerichtszeit fängt der kommende Äon an (Eph. 1,21). Er beginnt mit dem Kommen Jesu Christi auf die Erde – mit Macht und Herrlichkeit (Mt.24,30). Entsprechend Sach.14,4 und Apg. 1,11 wird Jesus auf dem Ölberg bei Jerusalem in Erscheinung treten, sichtbar für alle Menschen (Offb. 1,7; Dan. 7,13). Gläubige aus Israel werden auferstehen (Dan 12,2; Ps.49,16; Joh. 5,28-29) – ihr äonisches Leben beginnt. Der Tempel in Jerusalem wird wieder aufgebaut (Hes. 40-47). Alle Verheißungen, die Israel gegeben wurden, werden dann erfüllt. Das tausendjährige Königreich, das Millennium bricht an (Off. 11,15; Dan. 2,44). Dies ist der Neue Bund nur mit Israel (Jer. 31,31-34, Hebr. 8,8). In diesem neuen Bund erfüllen sich die Verheißungen an Abraham, also die Prophezeiungen des alten Bundes: Jesus ist König (Off. 1,7). Israel wird alle anderen Völker missionieren (Matt 28,19) und damit segnen. Entscheidend ist jetzt der Glaube an Jesus Christus und dass er für die Sünden starb. Israel wird in die Lage versetzt, die von dem König erlassenen Gesetze befolgen zu können, sie werden endlich Gott erkennen (1.Kor. 3,14-25; Sach. 12,10; Offb. 1,7). Das Blut der Opfertiere bedeckt keine Sünden mehr wie im Alten Bund, dies ist nur noch ein Hinweis auf Christus, durch dessen Kreuzestod die Vergebung der Sünden bereits erfolgt ist. Während dieser Zeit wird Satan gebunden sein (Off. 20,1-3). Optimale Voraussetzungen zu einem gottgefälligen Leben! Doch Gott wird die Menschheit am Ende nochmal ihre Grenzen aufzeigen, indem Er Satan wieder frei lässt (Off. 20,3). Es kommt zur apokalyptischen Katastrophe, die Erde verbrennt (2. Petr. 3,7-12).
Der Äon der Äonen (Eph. 3,21) im Heilsplan Gottes, auch Tag Gottes (2. Petrus 3,12) genannt, wird durch das Gericht vor dem großen weißen Thron (Off. 20,11) vorbereitet. Buchrollen werden entrollt (Off. 20,12), jeder bis dahin Ungläubige nach seinen Werken gerichtet und stirbt danach den zweiten Tod. Satan wird nicht mehr wirken können (Matt. 25,41; Off. 20,10). Es gibt einen Neuen Himmel und eine Neue Erde (2. Petr. 3,13; Off. 21,1). Zorn, Trauer, Geschrei und Pein wird nicht mehr sein (Off. 21,4). Noch gibt es aber Unterschiede zwischen den Menschen: Israel genießt noch die Vorzugstellung als Gottes Volk und wird zum Herrschen über andere Nationen eingesetzt (Offb. 21,12; 22,5). Das wunderbare Ziel von Gottes Heilsplan ist also noch nicht erreicht. Dies ist der letzte Zeitabschnitt, der ein Ende haben wird! Die Bibel spricht auch von der „Verwaltung der Vervollständigung der Fristen“ (Eph. 1,10).
Nach allen Zeiten und Verwaltungen wird der letzte Feind, der (zweite) Tod, abgetan werden (1. Kor. 15,26), alle werden lebendig gemacht (1. Kor. 15,22-28). Gott wird alles in allen sein, Er hat dann Sein Ziel mit der Schöpfung erreicht (1. Kor. 15,28; Röm. 11,36).
Klick auf die Grafik zu einem erläuternden Video. Siehe auch Exkurs Tod und letzte Dinge.
Vereinfachter Dispensationalismus
Diese Übersicht konzentriert sich auf die wesentlichen Linien:
Dispensationen nach Bullinger
E.W. Bullinger (1837-1913) verfolgte in seinem Werk „The Foundations of Dispensational Truth“ (hier in deutscher Übersetzung) einen leicht abweichenden Ansatz, aber mit fast gleichem Ergebnis. Er untersuchte mit Heb. 1,1-2 als Ausgangsstelle, wie Gott zu welchen Menschen gesprochen hat und ordnete die Bücher der Bibel diesen Dispensationen zu:
Gott redet… | Empfänger | Zeitraum | Bücher der Bibel | Bemerkungen | |
---|---|---|---|---|---|
1. | direkt zu einzelnen Menschen. | Adam, Eva, Kain, Abel, […], Noah | Adam bis zu Berufung von Mose… | 1. Mose - 2. Mose 3,10 | Ehemaliger Äon/ehemalige Welt (2. Petrus 2,5; 3,6) |
2. | durch Propheten (Heb. 1,1). | Israel | bis zu Johannes, dem letzten und größten Propheten (Matt.11,11). | 2. Mose, AT, NT bis Matth 3,11 (bzw. Entsprechungen in den anderen Evangelien) | Israel ist Gottes ausgewähltes Volk. |
3. | durch Seinen Sohn Jesus (Heb. 1,2; 2.Mose 18,18-19). | Israel | bis zur Himmelfahrt Christi | 4 Evangelien | Ankündigung des Königreiches auf Erden für Israel. |
4. | durch die, die Ihn gehört haben (Heb. 2,3-4). | Israel | bis zur endgültigen Ablehnung durch Israel (Apg. 28,25-28). | NT-Briefe, die bis zu Apg. 28,25-28 (62 n. Chr.) geschrieben waren: Apg., Petrus, Jakobus, Judas, Hebräer, Korinther, Galater, Thess., Römer. | Ruf zur nationalen Buße an das Volk Israel bleibt ungehört; endgültige Ablehnung; Paulusbriefe dieser Zeit gelten als Übergangsbriefe. |
5. | durch Paulus (Eph. 3,1-12; 2. Tim. 1,8). | Nationen (griechisch: ethnos). Auch gebürtige Israeliten gehören dazu, es gibt keine Unterschiede. | Ab der endgültigen Ablehnung durch das Volk Israel. | Späte Briefe von Paulus (sog. Gefangenschaftsbriefe und Pastoralbriefe): Epheser, Philipper, Kolosser, Timotheus, Titus und Philemon. | Himmlische Erwartung (Phil. 3,20-21, Eph. 1,3, 23, 2,6, 19); Verwaltung (Dispensation) der Gnade (Eph. 3,1-10) im krassen Unterschied zur irdischen Erwartung und zur Herrschaft des Gesetzes für Israel. |
6. | durch Johannes. | Israel | Offenbarung | Beschreibung von Millennium und "Neue Himmel und Neue Erde": Irdisches Erwartungsgut für Israel. |
Bullinger schreibt dazu: Wichtig ist zu erkennen, dass „Paulus die kostbaren Lehren festhielt, die bisher verborgen waren und nicht bekannt gegeben werden konnten, bevor Christi Leiden, Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt tatsächlich stattgefunden hatten; denn sie haben all dies zur Voraussetzung. Diese Lehren finden sich ausschließlich in den Briefen aus der Gefangenschaft (Epheser, Philipper und Kolosser) und hierher gehören auch die Briefe an Timotheus, Titus und Philemon“ (S. 12). Er hofft, dass man geheilt wird „von einer unbewussten und biblischen Kleptomanie, durch die alle Segensverheißungen von Israel genommen und der Gemeinde zugesprochen wurden“ (S.93).
Mehr zu den Unterschieden zwischen diesen beiden Heilslinien hier.
Videos
Zu den Themen Antichrist, Tag des Herrn, Tag Gottes usw.:
Literatur
C. Czerwinski: Von den Haushaltungen Gottes (pdf)
Ernst F. Ströter: Gottes Plan für dieses Zeitalter (pdf)
Heinz Schuhmacher: Der göttliche Plan der Äonen (pdf)
A.E.Knoch: Auslegung der Offenbarung des Johannes (pdf)
Textsammlung zum Dispensationalismus von soundwords
Dispensationalismus bei wikipedia
E.W. Bullinger: Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament (pdf), Eigenverlag Manfred Mössinger, 2. Auflage 2003 (Übersetzung von „Foundations of Dispensational Truth“)
[4] Knoch, Adolph Ernst (pdf): Der Kalender Gottes, Konkordanter Verlag Pforzheim, 1967
[5] Prolingheuer, Wilhelm: Hat Gott einen Fahrplan?, Konkordanter Verlag Pforzheim
[21] Schumacher, Heinz: Der Plan der Zeitalter (Äonen) Gottes, Paulus Verlag Karl Geyer, Heilbronn, 1984
[31] Arnold Fruchtenbaum: Handbuch der biblischen Prophetie, Gerth Medien, Asslar, 1995
[32] Alfred Thomson Eade: Bibel Panorama: 7 Zeitalter in 12 farbigen, klar gestalteten Grafiken mit Erklärungen; in Anlehnung an Darbys Entwurf, mit CD für den Beamer oder zum Ausdrucken, Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg, 22. Auflage, 2012
[44] Mal Couch (Hrg.): Lexikon zur Endzeit, Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg, 2004 (Hervorragende Darstellung des Inhalts und der Geschichte des Dispensationalismus)
[51] Arnd Bretschneider: Heilsgeschichtliche Schriftauslegung, Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg, Dillenburg, 2006 (Die Bibel heilsgeschichtlich lesen, verstehen und anwenden).
Helge Stadelmann, Berthold Schwarz: Heilsgeschichte verstehen, Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg, Dillenburg, 2008 (Zwei Theologen erklären ausführlich Grundlagen und Geschichte des Dispensationalismus).
Ethelbert Stauffer: Die Theologie des Neuen Testaments, C.Bertelsmann Verlag Gütersloh, 1948 (S. 59-62: Zeit und Zeiten – zum urchristlichen Äonenbegriff).